Schenkungsteuer: Zum gesetzlich nicht geregelten Fall des Vertragspartnerwechsels
FG Münster 23.10.2014, 3 K 265/12 ErbDer Vater der Klägerin räumte ihr mit privatschriftlicher Vereinbarung vom 3.8.2004 aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt seines Todes, spätestens zum 2.1.2006 die Versicherungsnehmerstellung seiner Lebensversicherung ein. Der Vater verpflichtete sich, den Versicherungsnehmerwechsel gegenüber der Versicherung anzuzeigen. Die Lebensversicherung stellte den Versicherungsvertrag am 15.11.2006 um. In den Jahren 1992, 1993, 1995 und am 31.3.2014 hatte die Klägerin von ihrem Vater bereits Vorschenkungen erhalten.
Die Schenkungsteuer für den Erwerb vom 31.3.2004 berechnete das Finanzamt durch Bescheid vom 10.8.2004 unter Berücksichtigung des Vorerwerbs vom 15.12.1995 und setzte die Schenkungsteuer nach Abzug des Anrechnungsbetrages fest. Der Anrechnungsbetrag ergab sich aus § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Nach Abgabe der Schenkungsteuererklärung setzte die Behörde die Schenkungsteuer für die Übertragung der Lebensversicherung zum Stichtag 15.11.2006 durch Bescheid vom 8.7.2010 unter Berücksichtigung der Vorschenkung vom 31.3.2004 fest.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Herabsetzung der Steuer. Sie hielt den durch Bescheid vom 10.8.2004 berechneten Steuerbetrag für zutreffend. Dieser Betrag könne nicht im Nachhinein korrigiert werden. Stichtag für die Besteuerung sei der 2.1.2006. An diesem Tag sei die Bereicherung der Klägerin in Form der Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag eingetreten. Ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Versicherung habe ausweislich ihrer AGB nicht bestanden.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde zwecks Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Besteuerung der Zuwendung der Versicherungsnehmerstellung sowie der Abtretung des Beitragskontos zutreffend auf den Stichtag 15.11.2006 vorgenommen.
Es war durch vertragliche Vereinbarung vom 3.8.2004 aufschiebend bedingt auf den 2.1.2006 zu einem Wechsel des Vertragspartners in dem Lebensversicherungsvertrag gekommen. Für diesen gesetzlich nicht geregelten Fall des Vertragspartnerwechsels gehen die zivilgerichtliche Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass der andere Vertragspartner dem Wechsel zustimmen müsse. Diesen Grundsätzen schließt sich der erkennende Senat an. Dabei kann es im Rahmen der Konstellation eines Vertragspartnerwechsels nicht darauf ankommen, in welchem Bereich (Mietvertrag, Lebensversicherungsvertrag etc.) sich dieser Wechsel vollzieht. Auch wenn die Risikoeinschätzung unterschiedlich sein mag, rechtfertigt dies nicht, vom Grundsatz der Beteiligung des anderen Vertragspartners im Fall eines Vertragspartnerwechsels abzurücken. Außerdem konnte der Senat den AGB der Lebensversicherung keinen abstrakt generellen Verzicht auf ein Zustimmungserfordernis entnehmen. Bis zur Erteilung der Zustimmung der Lebensversicherung vom 15.11.2006 war die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung auf die Klägerin somit schwebend unwirksam.
Letztlich war auch die Steuerberechnung nicht zu beanstanden. Denn gem. § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG sind innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammenzurechnen, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Nach S. 2 der Vorschrift ist von der Steuer für den Gesamtbetrag die Steuer abzuziehen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Nach S. 3 ist anstelle der Steuer nach S. 2 die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist. Dabei ist zur Ermittlung der fiktiven Steuer gem. § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG nur der Freibetrag abzuziehen, den der Steuerpflichtige innerhalb von zehn Jahren vor dem letzten Erwerb tatsächlich für Erwerbe von derselben Person verbraucht hat.
Die Zusammenrechnungsregelung in § 14 ErbStG soll gewährleisten, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt. Somit war die Steuerfestsetzung des Finanzamtes rechtmäßig. Insbesondere war als anrechenbare Steuer nicht die sich aus dem Bescheid vom 10.8.2004 ergebende Steuer als tatsächlich höhere Steuer i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG zu berücksichtigen. Der Anrechnungsbetrag war unter Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 2.3.2005 (Az.: II R 43/03) unzutreffend ermittelt worden (keine Hinzurechnung eines "wiederauflebenden Freibetrags") und deshalb war die Steuer in diesem Bescheid zu hoch festgesetzt worden. Diese unzutreffende Ermittlung war aber nicht für die streitige Steuerfestsetzung des nachfolgenden Erwerbs zu übernehmen.
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