02.11.2016

Selbst getragene Krankheitskosten sind nicht als Sonderausgaben abziehbar

Vereinbart ein Steuerpflichtiger mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Selbstbehalt, können die deswegen von ihm zu tragenden Krankheitskosten nicht als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG abgezogen werden. Ein darüber hinausgehender Abzug des Selbstbehalts ist von Verfassungs wegen nicht geboten.

BFH 1.6.2016, X R 43/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger sowie seine beiden Töchter haben private Krankenversicherungsverträge abgeschlossen. Dabei konnten aufgrund entsprechender Selbstbehalte geringere Versicherungsbeiträge mit dem Versicherungsunternehmen vereinbart werden. Die von ihm getragenen tatsächlichen krankheitsbedingten Aufwendungen hatte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 geltend gemacht. Da die Selbstbehalte angesichts des Gesamtbetrags seiner Einkünfte jedoch erheblich geringer waren als die zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG, wirkten sie sich steuerlich nicht aus. Insofern ließen weder das Finanzamt noch das FG einen Abzug der Kosten zu.

Der Kläger vertrat die Ansicht, nach der Entscheidung des BVerfG vom 13.2.2008 (2 BvL 1/06) seien Krankenversicherungsbeiträge zur Basisversorgung unbeschränkt als Sonderausgaben zu berücksichtigen, da sie das Existenzminimum eines Bürgers nicht tangieren dürften. Dieser Grundsatz werde vom FG nicht beachtet. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH allerdings erfolglos.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Selbstbehalte nicht als Sonderausgaben in Form von Beiträgen zu Krankenversicherungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG berücksichtigt.

Da die Selbstbeteiligung keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes darstellt, kann sie auch nicht als Beitrag "zu" einer Krankenversicherung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1a EStG angesehen werden und kann somit nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Die selbst getragenen Krankheitskosten sind zwar außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG. Da im vorliegenden Fall aber die Aufwendungen die zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe der Einkünfte des Klägers nicht überschritten hatten, kam ein Abzug nicht in Betracht. Der Selbstbehalt kann somit nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn er die zumutbare Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG übersteigt.

Ein darüber hinausgehender Abzug des Selbstbehalts ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Die Berücksichtigung des Selbstbehalts  ist auch nicht durch das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums geboten. Denn dieser Grundsatz gewährleistet - wie bereits das BVerfG entschieden hat - dem Steuerpflichtigen keinen Schutz des Lebensstandards auf Sozialversicherungs-, sondern lediglich auf Sozialhilfeniveau. Die Aufwendungen für Krankheitskosten im Rahmen von Selbstbehalten sind aber nicht Teil des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus.

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BFH PM Nr. 69 vom 2.11.2016
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