15.09.2014

Sind Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs steuerlich zu erfassen?

Eine Legaldefinition des Begriffs der Entschädigung fehlt. Der Begriff der Entschädigung wird für alle Fälle des § 24 Nr. 1 EStG dahingehend aufgefasst, dass der Steuerpflichtige die Ersatzleistung als Ausgleich für einen Schaden in Gestalt des Verlustes oder der Verringerung von Einnahmen oder einer Einnahmemöglichkeit erhält, also für eine Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter.

Hessisches FG 8.7.2014, 11 K 1432/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren 2006 und 2007 bestandskräftig zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war bereits zuvor verheiratet und hatte mit ihrem zwischenzeitlich von ihr geschiedenen, ehemaligen Ehemann im Zuge des Scheidungsverfahrens eine Vereinbarung getroffen, wonach die ehemaligen Eheleute bei Gericht den Ausschluss des Versorgungsausgleichs unter Hinweis auf erhebliche Zahlungen des Ehemanns an die Ehefrau beantragten. In der Folgezeit erhielt die Klägerin Ausgleichszahlungen i.H.v. 34.995 € für 2006 sowie i.H.v. 32.000 € für 2007.

Das Finanzamt unterwarf die Beträge als sonstige Einkünfte in Form von wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 EStG der Besteuerung. Die Kläger waren der Ansicht, dass die Ausgleichszahlungen in den Streitjahren 2006 und 2007 mangels Rechtsgrundlage nicht steuerbar seien.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az.: X R 48/14 anhängig.

Die Gründe:
Zu Unrecht war die Finanzbehörde davon ausgegangen, dass die aufgrund der Ausgleichsvereinbarung an die Klägerin gezahlten Beträge der Besteuerung nach §§ 24 Nr. 1a, 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. zu unterwerfen waren. Die Vorschrift kam bereits deshalb als Rechtsgrundlage nicht zur Anwendung, da die Klägerin durch den Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht auf zukünftige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG a.F. verzichtet hatte.

Nach § 24 Nr. 1a EStG gehören zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die gewährt wurden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen. Eine Legaldefinition des Begriffs der Entschädigung fehlt. Der Begriff der Entschädigung wird für alle Fälle des § 24 Nr. 1 EStG dahingehend aufgefasst, dass der Steuerpflichtige die Ersatzleistung als Ausgleich für einen Schaden in Gestalt des Verlustes oder der Verringerung von Einnahmen oder einer Einnahmemöglichkeit erhält, also für eine Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter. Aus der Formulierung "auch" ergibt sich zudem, dass die in der Vorschrift des § 24 EStG genannten Einnahmen keine neue selbständige Einkunftsart bilden, sondern die Entschädigung zu einer Einkunftsart i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG gehören muss.

Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Abfindung als Gegenleistung für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs um eine Entschädigung gehandelt habe, wäre diese nicht als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gewährt worden, da die Klägerin bei Durchführung des Versorgungsausgleichs zukünftig Einkünfte aus § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG a.F. und nicht aus selbstständiger Arbeit erzielt hätte.

Der Zufluss dieser Beträge führte auch nicht zu Einkünften nach §§ 24 Nr. 1a, 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG a.F., da die seitens der Klägerin erhaltenen Ausgleichszahlungen keiner Einkunftsart i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG zuzuordnen waren. Insbesondere stellten sie keinen Ersatz für Einkünfte in Form von Renteneinkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 S. 3a, aa EStG a.F. dar. Letztlich waren die streitigen Zahlungen auch nicht als Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 S. 1 EStG zu versteuern. Danach sind sonstige Einkünfte solche aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S.d. Nr. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Vorgänge im privaten Bereich, bei denen ein Entgelt dafür erbracht wird, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, stellen mithin keine Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 S. 1 EStG dar.

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