SM-Studio in vermieteter Ferienwohnung schließt eine steuerbegünstigte Beherbergung nicht aus
Niedersächsisches FG 24.4.2014, 5 K 358/13Streitig ist, ob der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent für kurzfristige Beherbergungsumsätze auf die vom Kläger vermietete Ferienwohnung Anwendung findet.
Die Ferienwohnung ist ca. 100 qm groß und besteht aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, Küche und Bad (insgesamt ca. 70 qm). Zusätzlich gibt es zwei weitere Räume (insgesamt ca. 30 qm), von denen der eine im Stil eines Bondage-, Sado-Maso (BDSM) Studios eingerichtet ist und der andere aufgrund seiner Ausstattung (z. B. Gynäkologenstuhl) als "Behandlungszimmer" dienen kann. Die Wohnung ist sowohl stundenweise als auch tageweise vermietet worden. Die durchschnittliche Verweildauer in der Wohnung betrug den Angaben des Klägers zufolge 1,5 Tage.
Die Tätigkeit des Klägers beschränkt sich auf die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten. Darüber hinausgehende Leistungen (z.B. Vermittlung von Sex-Partnern, Anleitung zu bestimmten Sexpraktiken, Getränkeverkauf o. ä.) erbringt der Kläger nicht. Der Kläger unterwarf die Vermietungsumsätze in seinen Erklärungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Das Finanzamt ist demgegenüber der Auffassung, dass die Nutzung der Räumlichkeiten für bestimmte sexuelle Praktiken im Vordergrund stehe und die Beherbergung damit nicht charakterbestimmend sei. Er unterwarf daher die gesamten Vermietungsumsätze der Regelbesteuerung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Die Umsätze aus der tageweisen Vermietung (75 Prozent der Umsätze) unterliegen insoweit, als sie auf die Überlassung der Wohn- und Schlafräume entfallen (70 Prozent), dem ermäßigten Steuersatz.
Wohn- und Schlafräume sind Räumlichkeiten, die so eingerichtet sind, dass darin gewohnt und geschlafen werden kann; sie müssen der Aufnahme von Personen zur Gewährung von Unterkunft dienen. Liegt der Schwerpunkt der Leistung nicht in der Überlassung zu Wohn- oder Schlafmöglichkeiten, sondern steht bei der Raumüberlassung die Möglichkeit im Vordergrund, in den überlassenen Räumen sexuelle Leistungen gegen Entgelt zu erbringen und zu konsumieren, wie dies z. B. bei Räumlichkeiten in einem Bordellbetrieb der Fall ist, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG nicht erfüllt.
Unstreitig ist, dass in den hier überlassenen Räumlichkeiten keine Prostitution stattfindet. Unstreitig ist auch, dass sich die Tätigkeit des Klägers auf die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten beschränkt und keine weitergehenden Leistungen (z. B. Vermittlung von Sex-Partnern, Anleitung zu bestimmten Sexpraktiken, Getränkeverkauf o. ä.) erbracht werden. Diese Raumüberlassung stellt eine "Beherbergung" dar, weil Wohn- und Schlafräume tageweise (mindestens eine Übernachtung) vermietet werden. Der überwiegende Teil der vermieteten Ferienwohnung (70 Prozent) besteht aus Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer und dient damit der von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG begünstigen Unterkunft von Gästen.
Der Argumentation des Finanzamts, dass die teilweise Nutzung der Wohnung zur Beherbergung durch die vorrangig beabsichtigte Nutzung der "speziellen Räumlichkeiten" für bestimmte sexuelle Vorlieben verdrängt werde, war nicht zu folgen. Mit der tageweisen Vermietung der Wohn- und Schlafräume liegen begünstigte Beherbergungsumsätze vor. Bei der zusätzlichen Überlassung der "besonderen Räumlichkeiten" kann es sich daher nur um Nebenleistungen handeln, die aufgrund des Aufteilungsgebots in § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG nicht unmittelbar der Vermietung dienen.
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