30.06.2017

Sonderabschreibung für nach dem 31.12.2007 angeschaffte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens?

Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. sind für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2007 angeschafft oder hergestellt wurden, nicht mehr zulässig. § 52 Abs. 23 S. 2 EStG kann auch nicht - verfassungskonform - in der Weise ausgelegt werden, dass Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. zulässig bleiben, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, für die nach altem Recht eine Ansparrücklage gebildet werden musste, um die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. in Anspruch nehmen zu können.

FG Düsseldorf 30.5.2017, 10 K 2368/15 F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis mit Schwerpunkt Radiologie und Nuklearmedizin. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung i.S.d. § 4 Abs. 3 EStG. Ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Streitjahre 2008 bis 2011 wurden zunächst erklärungsgemäß einheitlich und gesondert festgestellt. Die Feststellungsbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach einer Außenprüfung 2013/14 ergingen Änderungsbescheide, mit denen die Einkünfte der Streitjahre höher festgestellt wurden. Dem lag u.a. folgender Sachverhalt zu Grunde: Im Jahr 2006 hatte die Klägerin für die künftige Anschaffung medizinischer Geräte und Ausstattungsgegenstände eine Ansparrücklage i.H.v. 154.000 € nach § 7g Abs. 3, Abs. 6 EStG in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 gültigen Fassung (a.F.) gebildet. Die Rücklage wurde 2007 wegen Anschaffung entsprechender Wirtschaftsgüter teilweise aufgelöst und belief sich am 31.12.2007 noch auf 133.403 €.

Im Jahr 2008 erwarb die Klägerin weitere medizinische Geräte und Büroausstattung i.H.v. über 1,2 Mio. €. Sie nahm daraufhin die Anschaffungen zum einen zum Anlass, den Restbetrag der in 2006 gebildeten Ansparrücklage in 2008 steuerunschädlich aufzulösen. Zum anderen nahm sie für die erworbenen Wirtschaftsgüter neben der normalen AfA nach § 7 Abs. 1 EStG auch Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG n.F. in Anspruch.

Der Prüfer ließ die Sonderabschreibung nicht zum Abzug zu und erhöhte den Gewinn der Klägerin entsprechend. Er war der Ansicht, die Neufassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 sei nach § 52 Abs. 23 S. 1 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17.8.2007 enden. § 7g Abs. 5 und 6 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 seien erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31.12.2007 angeschafft oder hergestellt worden seien. Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. seien daher für Wirtschaftsgüter, die nach diesem Zeitpunkt angeschafft oder hergestellt worden seien, nicht mehr zulässig.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zwecks Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte es zu Recht abgelehnt, eine Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 5 EStG n.F. oder gem. § 7g Abs. 1 EStG a.F. zu gewähren.

Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. sind für Wirtschaftsgüter, die - wie hier - nach dem 31.12.2007 angeschafft oder hergestellt wurden, nicht mehr zulässig. § 52 Abs. 23 S. 2 EStG kann entgegen der Rechtsansicht der Klägerin auch nicht - verfassungskonform - in der Weise ausgelegt werden, dass Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. zulässig bleiben, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, für die nach altem Recht eine Ansparrücklage gebildet werden musste, um die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. in Anspruch nehmen zu können.

Es kann dahin stehen, ob § 52 Abs. 3 S. 2 EStG insoweit zurückwirkt, als dadurch Sonderabschreibungen für die dort aufgeführten Wirtschaftsgüter ab dem 1.1.2008 nur noch nach Maßgabe des § 7g Abs. 5 u. 6 EStG n.F. zulässig sind, obschon § 7g EStG in der bis zum 17.8.2007 geltenden Fassung bei Ansparabschreibungen, die in vor dem 18.8.2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet wurden, und Wirtschaftsgütern, die vor dem 1.1.2008 angeschafft oder hergestellt wurden, nach § 52 Abs. 23 S. 3 EStG weiter anzuwenden war.

Dagegen könnte sprechen, dass Ansparabschreibung und Sonderabschreibung unterschiedliche Instrumente steuerlicher Förderungen waren und der Gesetzgeber sie schon deshalb in zeitlicher Hinsicht unterschiedlich neu regeln durfte. Selbst wenn man aber - wie die Klägerin - aus der Regelung in § 7g Abs. 1 u. 2 Nr. 3 EStG a. F. ein Junktim dergestalt ableiten wollte, dass § 52 Abs. 23 S. 2 EStG im Hinblick auf Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter, für die eine Ansparrücklage gebildet worden war, eine Rückwirkung enthält, könnte es sich allenfalls um eine "unechte" Rückwirkung handeln, die nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip oder gegen Grundrechte verstößt.

Eine abweichende Auslegung des § 52 Abs. 23 S. 2 EStG ist auch nicht deshalb geboten, weil der Erwerb der medizinischen Geräte schon für das Jahr 2007 geplant gewesen sein mag, sich jedoch der Umzug in das Ärztehaus und damit auch die Anschaffung der Wirtschaftsgüter aus nicht von der Klägerin zu vertretenden Gründen verzögert haben mag. Die Klägerin übersieht insoweit, dass die Frage, ob eine Vorschrift verfassungsgemäß ist, fallübergreifend zu beantworten ist und nicht von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen kann.

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