Stehen Pflichtteilsverbindlichkeiten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit zum Nachlass gehörendem begünstigtem Betriebsvermögen?
FG Münster 13.2.2014, 3 K 37/12 ErbDie Klägerin hatte ihren im Juli 2009 verstorbenen Lebensgefährten aufgrund eines Erbvertrags allein als befreite Vorerbin beerbt. Zu Nacherben bzw. Ersatzerben waren die Söhne des Erblassers aus erster Ehe eingesetzt. Nachdem die Söhne gegenüber der Klägerin ihre Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hatten, schlossen beide Seiten eine notarielle Vereinbarung, wonach den Nacherben ein Pflichtteilsanspruch zustehe, den die Klägerin durch monatliche Ratenzahlung zu tilgen habe. Darüber hinaus seien die Pflichtteilsansprüche zu verzinsen.
Im Rahmen ihrer Erbschaftsteuererklärung machte die Klägerin die Pflichtteilsverbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Zum Nachlass gehörte auch Betriebsvermögen in Form von Anteilen an einer GmbH, für die die Steuervergünstigung gem. §§ 13a, 13b ErbStG beantragt wurde. Das Finanzamt kürzte den Schuldenabzug bzgl. des Pflichtteils gem. § 10 Abs. 6 ErbStG, da zum Nachlass gem. §§ 13a, 13b ErbStG steuerbefreites Betriebsvermögen gehöre. Hiergegen wandte sich die Klägerin und vertrat die Auffassung, die Pflichtteilsansprüche stünden nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem privilegierten Betriebsvermögen.
Die Pflichtteilsberechtigten seien aufgrund ihrer Ausbildung und sonstigen persönlichen Situation nicht in der Lage, die Anteile am Betrieb zu übernehmen. Allein die Tatsache, dass nach zivilrechtlichen Grundsätzen die Pflichtteilsansprüche aus dem gesamten Nachlassvermögen einschließlich der GmbH-Anteile zu berechnen seien, begründe nicht zwingend einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Betriebsvermögen und der Pflichtteilsverbindlichkeit.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Pflichtteilsverbindlichkeiten, wie sie die Klägerin gegenüber den Söhnen des Erblassers aus erster Ehe zu erfüllen hat, gehören zwar zu den gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten. Gem. § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG sind jedoch Schulden und Lasten, die mit nach § 13a ErbStG befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Wertes dieses Vermögens zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht.
Nach BFH-Rechtsprechung ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang i.S.d. § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG gegeben, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die das Betriebsvermögen betreffen. Dieser Zusammenhang ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des jeweiligen Vermögens eingegangen worden ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Schuld und Vermögensgegenstand besteht. Die Entstehung der Verbindlichkeit muss ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruhen, die den Vermögensgegenstand selbst betreffen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Schulden nach Entstehung und Zweckbestimmung mit erworbenen Vermögensgegenständen verknüpft sind, d.h. ohne diese nicht angefallen wären, und sie den erworbenen Vermögensgegenstand wirtschaftlich belasten.
Infolgedessen hielt der Senat im vorliegenden Fall einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den von der Klägerin zu begleichenden Pflichtteilsverbindlichkeiten und den von ihr geerbten, gem. § 13a ErbStG begünstigten Gegenständen des Betriebsvermögens für gegeben. Es ist davon auszugehen, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang vorliegt, wenn die Verbindlichkeit nach Entstehung und Zweckbestimmung mit dem begünstigten Vermögen verknüpft ist und die wirtschaftliche Belastung des begünstigten Vermögens daraus resultiert, dass die Höhe der Verbindlichkeit nach dem begünstigten Vermögen bemessen wurde. Die Verknüpfung der Pflichtteilsverbindlichkeit mit der Erbschaft in ihrer Gesamtheit folgt dabei aus dem Charakter des Pflichtteilsrechts. Es handelt sich nicht allein um eine rechtliche Verknüpfung.
Zur Fortbildung des Rechts, auch im Hinblick auf die bereits anhängige Revision Az.: II R 21/13 zum Urteil des FG Münster v. 11.4.2013 (Az.: 3 K 604/11 Erb), das sich ebenfalls mit der Auslegung der Vorschrift des § 10 Abs. 6 ErbStG befasst, wurde auch in diesem Fall die Revision zum BFH zugelassen.
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