Stellen als "Gewinnvorab" für die Überlassung von Vieheinheiten geleistete Zahlungen einer KG an ihren Gesellschafter Entgelte dar?
FG Münster 27.3.2018, 5 K 3718/17 UDas Unternehmen des Klägers umfasst die Unternehmensteile
- Land- und Forstwirtschaft im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG
- Steuerfreie und steuerpflichtige Verpachtung von Ställen
- Steuerfreie Verpachtung von Ackerflächen bis zum 31.12.2014
- Steuerpflichtige Verpachtung von Betriebsvorrichtungen
- Steuerpflichtige Verpachtung von Maschinen bis zum 31.12.2014
- Überlassung von Vieheinheiten
- PV-Anlage
Im Juni 2011 war die X-KG gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, die Aufzucht und die Veräußerung von Schweinen und sonstige landwirtschaftliche Tätigkeiten. Persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) der KG ist der Kläger mit einer Einlage von 30.000 €. Die Gewinn- und Verlustverteilung der Gesellschaft ist in § 6 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Danach steht dem Kläger eine Haftungsvergütung i.H.v. 1.500 € und ein Gewinnvorab i.H.v. 80.000 € zu.
Aus § 15 des Gesellschaftsvertrages ergibt sich, dass die Gesellschafter der Gesellschaft Vieheinheiten zur Nutzung zur Verfügung stellen. Dafür erhalten sie einen jährlichen Gewinnvorab i.H.v. 10 € pro Vieheinheit. Dieser Gewinnvorab geht dem Gewinnvorab nach § 6 des Gesellschaftsvertrages vor und ist immer am 1.7. des Jahres auszuzahlen.
Zudem verpachtete der Kläger ab Juli 2011 einen Hof (Größe 58,28ha) für eine jährliche Pacht i.H.v. 68.860 € an die X-KG, wobei die Pacht monatlich i.H.v. 5.738,33 € als Abschlag zu zahlen war. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2017 behandelte das Finanzamt das vereinbarte Entgelt von 10 € pro Vieheinheit als umsatzsteuerbares und umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Der Kläger war der Ansicht, dass es sich bei der Überlassung der Vieheinheiten nicht um eine umsatzsteuerpflichtige Vergütung, sondern um einen Gewinnvorab handele.
Das FG gab der Klage statt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Überlassung der Vieheinheiten durch den Kläger an die X-KG zur Unrecht als steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG behandelt, der der Regelbesteuerung unterliegt. Die Umsatzsteuer ist daher zu mindern.
Eine als "Gewinnvorab" oder "Vorabgewinn" bezeichnete Vergütung stellt dann Sonderentgelt dar, wenn diese unabhängig von der Höhe des Gewinnes und ohne Verlustbeteiligung in bestimmter Höhe als Vorwegvergütung zu gewähren ist. Ergebnisabhängige Anteile am Gewinn stellen hingegen kein Sonderentgelt dar, auch wenn sie mit Rücksicht auf zusätzliche Leistungen des Gesellschafters erfolgen. Ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch soll nach Auffassung des BMF jedenfalls dann vorliegen, wenn die (als Festbetrag vereinbarte) Vergütung für die Leistung des Gesellschafters im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird (UStAE Abschnitt 1.6 Abs. 4 S. 4, 5). Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter soll zudem auch dann gegeben sein, wenn die Vergütung des Gesellschafters zwar nicht im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird, sich jedoch gleichwohl ergebnismindernd auswirkt oder es sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalles ergibt, dass sie nach den Vorstellungen der Gesellschafter als umsatzsteuerrechtliches Sonderentgelt gewährt werden soll (UStAE Abschnitt 1.6 Abs. 4 S. 7).
Infolgedessen liegt im Streitfall kein umsatzsteuerbares (Sonder-)Entgelt für eine Leistung des Klägers vor. Schließlich wurden die Vergütungen nicht als Aufwand gebucht, so dass die Frage, ob bereits bei Vereinbarung eines festen Entgelts und Durchführung entsprechender Buchungen von einem Sonderentgelt bzw. einem Indiz hierfür auszugehen ist, vorliegend dahinstehen kann. Es kann nicht bereits dann von einem (Sonder-)Entgelt auszugegangen werden, wenn kein prozentualer, sondern ein betragsmäßig festgelegter Gewinnanteil vereinbart wird. Entscheidend ist lediglich, dass die Zahlungen nach dem Gesellschaftsvertrag nur dann in vollem Umfang erbracht werden sollen, wenn der Gewinn hierzu ausreicht und diese Vereinbarung auch tatsächlich so durchgeführt wird. Denn bereits in diesem Fall ist die Vergütung abhängig vom Gewinn.
Zwar erhält der Kläger im Streitfall nach der Vereinbarung in § 15 des Gesellschaftsvertrages einen grundsätzlich festen jährlichen Gewinnvorab i.H.v. 10 € pro Vieheinheit und damit keinen prozentualen Gewinnanteil. Allerdings ist im Vertrag nicht geregelt, dass der Kläger diesen Betrag gewinnunabhängig im Sinne einer Festvergütung erhalten soll. Der Begriff Gewinnvorab ist vielmehr grundsätzlich so auszulegen, dass der Betrag nur insoweit gezahlt werden soll, als der Gewinn der Gesellschaft hierfür ausreicht. Reicht der Gewinn der Gesellschaft nicht zur vollständigen Erfüllung des Gewinnvorab aus, so ist der vereinbarte Betrag dementsprechend anteilig zu kürzen. Eine andere Auslegung kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich eine Gewinnunabhängigkeit der Vergütung aus den sonstigen Regelungen des Vertrages oder dessen tatsächlicher Durchführung ergibt. Im Streitfall ist die Vereinbarung jedoch i.S. eines echten (gewinnabhängigen) Gewinnvorab durchgeführt worden.
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