07.11.2024

Stellen Aufwendungen für die Adoption zweier Kinder außergewöhnliche Belastungen dar?

Die Adoptionen sind keine (medizinischen) Heilbehandlungen. Sie sind nicht medizinisch indiziert und werden nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung der Ärzte vorgenommen. Der Entschluss zur Adoption beruhte vielmehr - auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung - auf einer vom Willen der Kläger getragenen (neuen) freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch Adoptionen zu beenden.

FG Münster v. 25.6.2024 - 14 K 1085/23 E
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren ungewollt kinderlos. Im Jahr 2022 hatten sie zwei im Ausland geborene Mädchen adoptiert. Die Adoptionen wurden in Deutschland von einem Verein, einer staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle gem. § 4 Abs. 1 und 2 Adoptionsvermittlungsgesetz, begleitet. Die in der Einkommensteuererklärung für 2021 als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG geltend gemachten Adoptionskosten ließ das Finanzamt unberücksichtigt. Zur Begründung der Nichtanerkennung der Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen verwies die Behörde im Bescheid auf das BFH-Urteil vom 13.3.2015 (VI R 60/11).

Die Kläger waren der Ansicht, dass die zitierte Rechtsprechung überholt sei. Seit April 2021 sei das neue "Adoptionshilfe-Gesetz" in Kraft getreten. Sämtliche Adoptionen - insbesondere Auslandsadoptionen - seien nunmehr an der neuen Rechtslage auszurichten. Auslandsadoptionen seien nunmehr immer durch eine Fachstelle im Ausland zu begleiten. Diese Fachstelle achte darauf, dass die Adoption dem Kindeswohl diene und lege fest, welche Voraussetzungen die Adoptiveltern mitbringen müssten. So seien ihnen etwa die Kosten für den von der Fachstelle verlangten Sprachunterricht der Kinder zwangsläufig entstanden.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Bei den Kosten, die den Klägern im Zusammenhang mit den Adoptionen der beiden Kinder entstanden waren, handelte es sich nicht um außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG.

Die Adoptionen sind keine (medizinischen) Heilbehandlungen. Sie sind nicht medizinisch indiziert und werden nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung der Ärzte vorgenommen. Die Adoptionen konnten auch im Streitfall nicht mit Heilbehandlungen gleichgestellt werden. Sie waren in erster Linie (rechtliche) Maßnahmen zur Begründung (und Beendigung) rechtlicher Verwandtschaftsverhältnisse, die auf dem freiwilligen Entschluss beruhten, Kinder anzunehmen.

Etwas anderes folgte im Streitfall auch nicht daraus, dass die Kläger den Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst hatten. Der Senat ist trotz dieser zeitlichen Abfolge nicht davon überzeugt, dass der Entschluss der Kläger zur Adoption unausweichlich geboten war. Der Entschluss zur Adoption beruhte vielmehr - auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung - auf einer vom Willen der Kläger getragenen (neuen) freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch Adoptionen zu beenden. Diese Entscheidung war - wie ausgeführt und trotz des grundrechtlich geschützten Bereichs - nicht der individuellen Gestaltung der Kläger entzogen. Sie hätten sich auch gegen eine Adoption entscheiden können.

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