Stellen Zwischengewinne beim Erwerb von Anteilen an einem luxemburgischen Investmentteilfonds negative Einnahmen aus Kapitalvermögen dar?
FG Düsseldorf 17.8.2017, 14 K 3722/13 EDer Kläger erzielte im Streitjahr 2008 u.a. einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG i.H.v. 93.436.803 € aus der Veräußerung eines wesentlichen Anteils an der A-Firma S.A. Bei einer Bank in der Schweiz unterhielt der Kläger zudem ein Wertpapierdepot, über das er am 22.12.2008 und 24.12.2008 etwa 91.664,629 bzw. 10.185,892 Anteile an dem im Dezember 2008 aufgelegten Investmentteilfonds für 89.999.999 € bzw. 9.999.999 € erwarb. Nach den Angaben im Platzierungsmemorandum für die nach luxemburgischem Recht gegründete Investmentgesellschaft mit Sitz in Luxemburg war der Fonds ein thesaurierender Teilfonds dieser Investmentgesellschaft. Das Geschäftsjahr des Fonds lief vom 1.7. bis zum 30.6. Der Fonds sollte - längstens bis zum 16.12.2008 - sog. "Bond-Stripping-Transaktionen" durchführen. Ausweislich des Platzierungsmemorandums wurde ein Ertragsausgleichsverfahren durchgeführt.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machte die Klägerseite bei dem Erwerb der Fondsanteile gezahlte Zwischengewinne in Höhe von insgesamt 46.029.612 € als negative Kapitaleinnahmen geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab. Der Zwischengewinn stelle schon keine negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, da das Ertragsausgleichsverfahren nicht für alle Ertragsarten, sondern lediglich für Zwischengewinne durchgeführt worden sei. Damit habe der Fonds die Anforderungen des Bundesministeriums der Finanzen im BMF-Schreiben v. 9.3.2010 (IV C 1 - S 1980-1/09/10001, 2010/0170936) und auch des mit JStG 2010 zur Klarstellung eingefügten § 2 Abs. 5 InvStG nicht erfüllt.
Das FG hat mit Zwischenurteil zugunsten des Klägers entschieden. Allerdings wurde die Revision gegen das Zwischenurteil zugelassen.
Die Gründe:
Die bei Erwerb der Anteile an dem Investmentfonds im Jahr 2008 gezahlten Zwischengewinne i.H.v. 46.029.612 € stellen negative Einnahmen des Klägers i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar. Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG gehören die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn vorbehaltlich im Streitfall nicht einschlägiger Ausnahmen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Der Zwischengewinn i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG umfasst neben dem bei Veräußerung oder Rückgabe von Investmentanteilen vereinnahmten Zwischengewinn als positive Kapitaleinnahme auch den - wie im Streitfall - vom Erwerber von Investmentanteilen gezahlten Zwischengewinn als negative Kapitaleinnahme. Zwischengewinn ist gem. § 1 Abs. 4 InvStG das Entgelt für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden
- Einnahmen des Investmentvermögens i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 mit Ausnahme der Nr. 2a EStG sowie für die angewachsenen Ansprüche des Investmentvermögens auf derartige Einnahmen; die Ansprüche sind auf der Grundlage des § 20 Abs. 2 EStG zu bewerten;
- Einnahmen aus Anteilen an anderen Investmentvermögen, soweit darin Erträge des anderen Investmentvermögens i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 mit Ausnahme der Nr. 2a EStG enthalten sind;
- Zwischengewinne des Investmentvermögens;
- zum Zeitpunkt der Rückgabe oder Veräußerung des Investmentanteils veröffentlichte Zwischengewinne oder stattdessen anzusetzende Werte für Anteile an anderen Investmentvermögen, die das Investmentvermögen hält.
In dieser Legaldefinition des Zwischengewinns kommt ein sowohl den Veräußerer als auch den Erwerber von Investmentanteilen einbeziehendes Begriffsverständnis zum Ausdruck. Ein "Entgelt" für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Ertragspositionen des Investmentvermögens wird vom Veräußerer der Anteile vereinnahmt bzw. vom Erwerber der Anteile gezahlt. Die systematisch konsequente Einbeziehung des bei Erwerb von Investmentanteilen gezahlten Zwischengewinns in die laufenden Einkünfte aus Kapitalvermögen durch § 2 Abs. 1 S. 1 InvStG ergibt sich zudem aus der zeitlichen Anwendungsbestimmung des § 18 Abs. 3 InvStG i.d.F. des EURLUmsG.
Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ist der Begriff des Zwischengewinns i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 4 InvStG nicht deshalb auf den vereinnahmten Zwischengewinn zu beschränken, weil vor erstmaliger Einführung einer gesetzlichen Zwischengewinnbesteuerung für Privatanleger in § 39 Abs. 1a KAGG und § 17 Abs. 2a AuslInvestmG der bei Veräußerung oder Rückgabe vereinnahmte Zwischengewinn und der bei Erwerb von Investmentanteilen gezahlte Zwischengewinn dem Veräußerungs- oder Rücknahmepreis bzw. den Anschaffungskosten der Anteile zuzuordnen waren. Diese Auffassung gründet für das Streitjahr keine gesetzliche Grundlage.
Der Senat kann über die von der Klägerseite begehrte steuermindernde Berücksichtigung der gezahlten Zwischengewinne im Streitjahr 2008 nicht abschließend entscheiden, da die Sache nicht spruchreif ist. Vor einer abschließenden Entscheidung ist durch das Finanzamt vorgreiflich in einem gesonderten Feststellungsverfahren zu entscheiden, ob die gezahlten Zwischengewinne nicht ausgleichsfähige Verluste i.S.v. § 15b Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2b EStG darstellen. Nach Rechtskraft des Zwischenurteils wird das hier anhängige Klageverfahren gem. § 74 FGO auszusetzen sein bis das Finanzamt die für dieses Verfahren vorgreifliche gesonderte Feststellung nach § 15b Abs. 4 i.V.m. § 20 Abs. 2b EStG durchgeführt hat.
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