Steuerberatung durch eine im EU-Ausland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
BFH 19.10.2016, II R 44/12Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit Sitz in Großbritannien und Niederlassungen in den Niederlanden sowie in Belgien. Gegenstand des Unternehmens sind die Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und das Rechnungswesen. Gesellschafter und Geschäftsführer sind die in Deutschland ansässige S und der in Belgien ansässige Y. Y war in Deutschland als Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung wurde im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen.
In Deutschland ist die Klägerin nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. StBerG anerkannt. Sie berät mehrere in Deutschland ansässige Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt für diese in steuerlichen Verfahren auf. Für Postsendungen benannte die Klägerin als Zustellungsbeauftragte die A-Ltd. mit Sitz in Deutschland. Y war in den Büroräumen der A-Ltd. tätig.
Die Klägerin wirkte bei der Anfertigung der Umsatzsteuererklärung der in Deutschland niedergelassenen C-Ltd. für 2010 mit. Die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erstellte Erklärung ging Anfang 2012 beim Finanzamt ein. Das Finanzamt wies die Klägerin als Bevollmächtigte der C-Ltd. für das Umsatzsteuer-Festsetzungsverfahren des Kalenderjahres 2010 nach § 80 Abs. 5 AO zurück. Die Klägerin sei nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit ihrer Revision. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor. Nunmehr hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache dorthin zurück.
Die Gründe:
Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuerberatungsgesellschaft zum Zeitpunkt der Zurückweisung nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt war. Das FG hat aber Unionsrecht nicht richtig angewendet. Die Feststellungen des FG tragen nicht seine Entscheidung, dass die Klägerin beim Erlass des Bescheids unter die Vorschriften des Niederlassungsrechts (Art. 49 ff. AEUV) fiel.
Denn die Steuerberatungsgesellschaft kann sich unter bestimmten Voraussetzungen auf die unionsrechtlich verbürgte Dienstleistungsfreiheit berufen. Liegt im EU-Ausland keine dem deutschen StBerG entsprechende Reglementierung vor, kommt es darauf an, dass zumindest eine nachhaltige Berufsausübung gegeben ist. Letzteres erfordert, dass in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang eine steuerberatende Tätigkeit im Ausland ausgeübt wurde. Zudem muss ein Berufshaftpflichtschutz vorliegen.
Vorliegend fehlen ausreichende Feststellungen dazu, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Ergehens des Zurückweisungsbescheids über eine Niederlassung in Deutschland verfügte. Hierzu wird das FG im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen haben. Es wird dabei insbesondere auch zu prüfen haben, ob die Klägerin aufgrund einer im Inland unterhaltenen geschäftlichen Präsenz in den Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit fällt und damit den deutschen Vorschriften zur Berufsausübung unterliegt.
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