02.03.2023

Steuerentstehung und -berichtigung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts

Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.

Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 28. 9. 2022 - XI R 28/20

UStG § 13 Abs 1 Nr. 1 Buchst a S 1, § 13 Abs 1 Nr. 1 Buchst a S 2, § 13 Abs 1 Nr. 1 Buchst b, § 17 Abs 1, § 17 Abs 2 Nr. 1
EGRL 112/2006 Art 14 Abs 2 Buchst b, 112/2006 Art 63, 112/2006 Art 64 Abs 1, 112/2006 Art 90 Abs 1


Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG).

Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Daraus folgte für den Streitfall, dass über die Modulmontage, Wechselrichterinstallation und den Probebetrieb der installierten Fotovoltaikanlage hinaus keine Teilleistungen vorlagen.

Die Steuerpflichtige war auch nicht berechtigt, die Steuer für die jeweilige Teilleistung im Umfang des jeweiligen Unterschiedsbetrags zwischen dem vereinbarten und dem vereinnahmten Entgelt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.

Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden, kommt es gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer sinngemäßen Anwendung von § 17 Abs. 1 UStG. Aufgrund dieses Verweises hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Uneinbringlichkeit zu berichtigen.

Allerdings ist bei einer die Fälligkeit aufschiebenden Ratenzahlungsvereinbarung die sich aus ihr ergebende Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung mangels Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises i.S. des Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL einzustufen und führt deshalb nicht zu einer Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beachten.

Im Streitfall lag daher eine Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht bereits aufgrund der Vereinbarung einer Ratenzahlung vor, die die jeweiligen Teilbeträge für die Teilleistungen betraf und nach der vertraglich getroffenen Abrede durch die laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung bedingt war. Die Rechtsprechung zu sog. Sicherungseinbehalten bei Gewährleistungsansprüchen, die die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bejaht war auf den Streitfall nicht übertragbar, da sie einen anderen, mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft.

Soweit im Schrifttum vertreten wird, dass im Wege der verfassungskonformen Auslegung des nationalen Rechts eine (teilweise) Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auch bei einer langfristig vereinbarten Ratenzahlung angenommen werden müsse, weil die nationalen Grundrechte und das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes, die aufgrund des durch Art. 66 MwStSystRL den Mitgliedstaaten eröffneten Umsetzungsspielraums anwendbar seien, dies erforderten, folgt der BFH dieser Rechtsauffassung nicht.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück