29.10.2018

Steuerfreie Umsätze aus dem Betrieb einer Schwimmschule

Zwar hat der EuGH darauf verwiesen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen für von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht (hier: Schwimmunterreicht) bezeichnet sind, eng auszulegen sind. Jedoch darf eine enge Auslegung nicht dazu führen, dass die zur Umschreibung der in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen.

FG München 13.9.2018, 3 K 1868/17
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine 2007 gegründete GbR, an der die Herren X und Y zu gleichen Teilen beteiligt sind. Zweck der Gesellschaft ist der Betrieb einer Schwimmschule. Nach einer für die Zeiträume 2007 bis 2009 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass von der Klägerin im wesentlichen Kurse für Kinder (Goldfisch, Seepferdchen und Kaulquappe) angeboten wurden. Die Vergütung für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin direkt von den Kursteilnehmern.

Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Leistungen weder nach § 4 Nr. 21 noch nach § 4 Nr. 22 UStG steuerfrei seien. Abziehbare Vorsteuerbeträge wurden nicht in Ansatz gebracht. Die Klägerin berief sich auf die Steuerfreiheit für die Umsätze aus dem Betrieb der Schwimmschule nach EU-Recht. Danach seien Umsätze aus dem Betrieb einer Schwimmschule nach Art. 132 Abs. 1 j der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Außerdem machte sie hilfsweise Vorsteuerbeträge geltend.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:

Die Klägerin kann sich für eine Steuerfreiheit auf Art. 132 Abs. 1 j MwStSystRL berufen.

Danach ist der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht steuerfrei. Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts ist in der MwStSystRL nicht definiert. Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt er sich aber nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studierenden zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

Die nicht einheitlichen Sprachfassungen des Art. 132 Abs. 1 j MwStSystRL sind dabei dahingehend auszulegen, dass es sich bei Schul- und Hochschulunterricht um Unterrichtseinheiten zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende handeln muss. Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen (BFH-Urt. v. 20.3.2014, Az.: V R 3/13, 5.6.2014, Az.: V R 19/13, 10.8.2016, Az.: V R 38/15 und Vorlagebeschluss v. 16.3.2017, Az.: V R 38/16). Danach handelt es sich bei den streitgegenständlichen Kinderschwimmkursen um Schulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 j MwStSystRL.

Da den Kindern hierbei die grundlegenden Schwimmtechniken vermittelt werden und an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird, haben diese Kurse nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch der bloßen Freizeitgestaltung dienende Leistungen angeboten hat sind weder ersichtlich noch vom Finanzamt vorgebracht.

Auch den Begriff des Privatlehrers definiert die MwStSystRL nicht. Zwar hat der EuGH darauf verwiesen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen bezeichnet sind, eng auszulegen sind. Jedoch darf eine enge Auslegung nicht dazu führen, dass die zur Umschreibung der in Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen. Infolgedessen hat die Klägerin den Schwimmunterricht als Lehrer privat erteilt, weil sie auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelte und der konkrete Inhalt des von ihr erteilten Schwimmunterrichts in unmittelbarem Zusammenhang mit ihren Qualifikationen stand. Der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 j MwStSystRL steht nach Überzeugung des Senats schließlich auch nicht entgegen, dass es sich im Streitfall bei der Klägerin um keinen Einzelunternehmer, sondern um eine GbR handelt.

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