22.11.2019

Steuerfreiheit von Zinsvergünstigungen nach § 3 Nr. 58 EStG

Die Handwerkskammer führt als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen öffentlichen Haushalt i.S.d. § 3 Nr. 58 EStG. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 58 EStG kann nur gewährt werden, wenn die Einkommensgrenzen des im Einzelfall einschlägigen Wohnraumförderungsgesetzes oder des Landesgesetzes zur Wohnraumförderung eingehalten sind.

BFH v. 3.7.2019 - VI R 37/16
Der Sachverhalt:
Streitig war, ob Zinsvergünstigungen aus einem dem Kläger gewährten Arbeitgeberwohnbaudarlehen gem. § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei sind. Der Kläger ist verheiratet und wurde für die Streitjahre (2006 bis 2009) mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. In den Streitjahren erzielte er u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit für die Beigeladene, die Handwerkskammer (M).

M hatte dem Kläger und seiner Ehefrau (wie auch weiteren Arbeitnehmern) mit Darlehensvertrag von Oktober 1999 ein sog. zinsvergünstigtes Arbeitgeberwohnbaudarlehen zur Finanzierung des gemeinschaftlich erworbenen Familienheims gewährt. Die Annuität des Darlehens betrug 4,5 % p.a. (0,5 % Zinsen, 4 % Tilgung). Die Darlehensrückzahlung war nach § 4 des Darlehensvertrags in gleichbleibenden Raten jeweils nachträglich fällig für die Zeit vom 1.1.-30.6. am 30.6. und für die Zeit vom 1.7.-31.12. am 31.12. Die Tilgungsbeträge wurden einmal jährlich zum 31.12. abgeschrieben. M behandelte die Zinsvergünstigungen gegenüber dem Kläger und den anderen Arbeitnehmern als nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfreien Arbeitslohn.

Das Finanzamt führte bei M im Jahr 2010 eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 1.1.2006 bis 30.9.2010 durch. Danach vertrat das Finanzamt den Standpunkt, die Zinszuschüsse gehörten zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Sie seien nicht nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei, weil die Darlehen nicht aus einem öffentlichen Haushalt gewährt worden seien. Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid nahm das Finanzamt M entsprechend in Anspruch. Gegenüber M wurde der Haftungsbescheid bestandskräftig; die Steuerschuld wurde von M beglichen. Der Kläger erfuhr von der Haftungsinanspruchnahme durch Schreiben der M von Februar 2011, in dem ihm zugleich die Rückforderung der auf ihn entfallenden Steuer durch Verrechnung mit dem Gehalt angekündigt wurde.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass das Finanzamt M wegen der auf die streitbefangenen Zinsvergünstigungen entfallenden Lohnsteuer zu Recht in Haftung genommen hat.

Nach § 3 Nr. 58 EStG sind u.a. Zinsvorteile bei Darlehen, die aus öffentlichen Haushalten gewährt werden, für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG), dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten, steuerfrei. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Es liegt zwar ein Darlehen vor, das von einer Handwerkskammer und damit aus einem öffentlichen Haushalt gewährt wurde. Auch ist eine Beschränkung der Steuerbefreiung auf die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden dem Gesetz nicht zu entnehmen. Einer Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 58 EStG stehen jedoch die Einkommensgrenzen des WoFG bzw. des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen entgegen.

§ 3 Nr. 58 EStG stellt Zinsvorteile steuerfrei, soweit die Zuschüsse und Zinsvorteile die Vorteile aus einer entsprechenden Förderung mit öffentlichen Mitteln nach dem II. WoBauG, dem WoFG oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung nicht überschreiten. Die Vorschrift bezieht sich nicht lediglich auf die Höhe bestimmter Förderbeträge, die nach den genannten Vorschriften gewährt werden, sondern spricht allgemein von "Vorteilen" und erfasst mithin auch die in den genannten Fördergesetzen festgelegten Einkommensgrenzen.

Ließe man - wie im Streitfall - bei einer Förderung durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts die Einkommensgrenzen nach den in § 3 Nr. 58 EStG genannten Gesetzen außer Betracht, käme es zu einer ungerechtfertigten Besserstellung gegenüber dem nach dem II. WoBauG, dem WoFG oder einem Landesgesetz zur Wohnraumförderung begünstigten Personenkreis. Eine solche Besserstellung ist weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzeshistorie zu entnehmen.

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