Steuern auf die durch Erben rückwirkend erklärte Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sind keine Nachlassverbindlichkeiten
Kurzbesprechung
BFH v. 10.5.2023 - II R 3/21
ErbStG § 1 Abs 1 Nr. 1, § 10 Abs 1 S 2, § 10 Abs 5 Nr. 1
EStG § 14 Abs 1 S 2, § 16 Abs 3, § 16 Abs 3b S 2, § 36 Abs 1
BGB § 1922 Abs 1
AO § 38, § 45 Abs 1
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, LuF-Betrieb oder Anteil an einem LuF-Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind.
Der Abzug setzt nicht zwingend voraus, dass beim Tod des Erblassers, also zum maßgeblichen Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), eine rechtliche Verpflichtung bestanden haben muss. Bei einem Erwerb von Todes wegen können sich auch Steuerschulden aus der Veranlagung des Erblassers für das Todesjahr bereicherungsmindernd auswirken, obwohl sie beim Erbfall noch nicht rechtlich entstanden waren. Denn der Erbe hat diese Steuerschulden zu tragen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist jedoch, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb "für den Erblasser" als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.
Das für das Erbschaftsteuerrecht maßgebliche Stichtagsprinzip (§§ 9, 11 ErbStG) steht dem Abzug dieser Steuerverbindlichkeiten nicht entgegen. Denn bereits zum Zeitpunkt der Steuerentstehung, also beim Tod des Erblassers, steht fest, dass die Belastung kraft Gesetzes mit Ablauf des Todesjahres eintreten wird. Dabei ist grundsätzlich unschädlich, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls die Belastung durch Steuerverbindlichkeiten der Höhe nach nicht genau feststeht, weil noch mögliche Wahlrechte ausgeübt werden oder besondere steuerrelevante Ereignisse eintreten können.
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Erben - wie im Streitfall - nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG einkommensteuerrechtlich rückwirkend die Aufgabe des LuF-Betriebes auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers erklären. In diesem Fall können sie die Einkommensteuer, die auf den Aufgabegewinn im Sinne des § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht und die damit in Zusammenhang stehenden Nebensteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug bringen.
Zwar handelt es sich bei der gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandenen Einkommensteuer um diejenige des Erblassers für sein Todesjahr; allerdings entstand der Aufgabegewinn in Bezug auf den LuF-Betrieb nach § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG erst durch die Aufgabeerklärung der Erben. Der Erblasser selbst hatte vor seinem Tod keine Aufgabeerklärung im Sinne des § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG abgegeben, sodass im Zeitpunkt seines Todes ein LuF-Betrieb auf die Erben überging. Folglich setzte erst die Aufgabeerklärung der Erben die entscheidende Ursache für die rückwirkende Aufgabe des LuF-Betriebes und die hierdurch entstandene Einkommensteuer zuzüglich der Nebensteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Da die durch die Aufgabeerklärung der Erben begründeten Steuern nicht vom Erblasser herrühren, ist auch nicht entscheidungserheblich, dass zum Todeszeitpunkt auch keine wirtschaftliche Belastung des Erblassers vorlag.
Im Streitfall hatte das FG daher zutreffend entschieden, dass die auf den Betriebsaufgabegewinn entfallende Einkommensteuer zuzüglich des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer nicht als weitere Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzuziehen sind.
Verlag Dr. Otto Schmidt
ErbStG § 1 Abs 1 Nr. 1, § 10 Abs 1 S 2, § 10 Abs 5 Nr. 1
EStG § 14 Abs 1 S 2, § 16 Abs 3, § 16 Abs 3b S 2, § 36 Abs 1
BGB § 1922 Abs 1
AO § 38, § 45 Abs 1
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, LuF-Betrieb oder Anteil an einem LuF-Betrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind.
Der Abzug setzt nicht zwingend voraus, dass beim Tod des Erblassers, also zum maßgeblichen Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), eine rechtliche Verpflichtung bestanden haben muss. Bei einem Erwerb von Todes wegen können sich auch Steuerschulden aus der Veranlagung des Erblassers für das Todesjahr bereicherungsmindernd auswirken, obwohl sie beim Erbfall noch nicht rechtlich entstanden waren. Denn der Erbe hat diese Steuerschulden zu tragen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist jedoch, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb "für den Erblasser" als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.
Das für das Erbschaftsteuerrecht maßgebliche Stichtagsprinzip (§§ 9, 11 ErbStG) steht dem Abzug dieser Steuerverbindlichkeiten nicht entgegen. Denn bereits zum Zeitpunkt der Steuerentstehung, also beim Tod des Erblassers, steht fest, dass die Belastung kraft Gesetzes mit Ablauf des Todesjahres eintreten wird. Dabei ist grundsätzlich unschädlich, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls die Belastung durch Steuerverbindlichkeiten der Höhe nach nicht genau feststeht, weil noch mögliche Wahlrechte ausgeübt werden oder besondere steuerrelevante Ereignisse eintreten können.
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Erben - wie im Streitfall - nach § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG einkommensteuerrechtlich rückwirkend die Aufgabe des LuF-Betriebes auf einen Zeitpunkt vor dem Tod des Erblassers erklären. In diesem Fall können sie die Einkommensteuer, die auf den Aufgabegewinn im Sinne des § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht und die damit in Zusammenhang stehenden Nebensteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug bringen.
Zwar handelt es sich bei der gemäß § 38 AO i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandenen Einkommensteuer um diejenige des Erblassers für sein Todesjahr; allerdings entstand der Aufgabegewinn in Bezug auf den LuF-Betrieb nach § 16 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG erst durch die Aufgabeerklärung der Erben. Der Erblasser selbst hatte vor seinem Tod keine Aufgabeerklärung im Sinne des § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG abgegeben, sodass im Zeitpunkt seines Todes ein LuF-Betrieb auf die Erben überging. Folglich setzte erst die Aufgabeerklärung der Erben die entscheidende Ursache für die rückwirkende Aufgabe des LuF-Betriebes und die hierdurch entstandene Einkommensteuer zuzüglich der Nebensteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Da die durch die Aufgabeerklärung der Erben begründeten Steuern nicht vom Erblasser herrühren, ist auch nicht entscheidungserheblich, dass zum Todeszeitpunkt auch keine wirtschaftliche Belastung des Erblassers vorlag.
Im Streitfall hatte das FG daher zutreffend entschieden, dass die auf den Betriebsaufgabegewinn entfallende Einkommensteuer zuzüglich des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer nicht als weitere Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzuziehen sind.