01.10.2015

Steuerpflicht der Stückzinsen aus der Veräußerung von vor 2009 erworbenen Wertpapieren

Im Jahr 2010 zugeflossene Stückzinsen sind aus der Veräußerung von Wertpapieren, die vor Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 erworben wurden, nicht durch die Übergangsregelung in § 52a Abs. 10 S. 7 1. Halbs. EStG in der bis zum 13.12.2010 geltenden Fassung (a.F.) von der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG ausgeschlossen.

Schleswig-Holsteinisches FG 30.4.2015, 4 K 39/13
Der Sachverhalt:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Stückzinsen aus festverzinslichen Wertpapieren, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, aber erst 2010 zugeflossen sind, steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 52 a Abs. 10 S. 7 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung darstellen.

Der Kläger verkaufte im Streitjahr festverzinsliche Wertpapiere, die er im Jahr 2008 erworben hatte. Hieraus flossen ihm rd. 16.000 € Stückzinsen zu, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlagen. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erfasste das Finanzamt diesen Betrag im Rahmen des gesonderten (Abgeltung-)Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG. Mit der Klage wenden sich die Kläger gegen die Behandlung der Stückzinsen aus der Veräußerung der Wertpapiere als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen und ist beim BFH unter dem Az. VIII R 22/15 anhängig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Stückzinsen zutreffend als Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 52 a Abs. 10 S. 6 EStG a.F angesetzt. Die Anwendung dieser Rechtsgrundlage ist nicht durch die Übergangsregelung in § 52a Abs. 10 S. 7 1. Halbs. EStG a.F. ausgeschlossen.

Nach der Übergangsregelung werden lediglich Kursgewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Kapitalforderungen von der Besteuerung ausgenommen. Stückzinsen werden dagegen von der Übergangsregelung nicht erfasst, da sie bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer steuerpflichtig waren. Dies ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Übergangsregelung.

Der hiervon abweichende Wortlaut steht dieser Auslegung nicht entgegen, da er zu dem sinnwidrigen Ergebnis einer Steuerfreiheit der Stückzinsen führen würde, das im Widerspruch zur eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers stünde, dass durch die Neuregelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG die Stückzinsen weiterhin der Besteuerung unterliegen sollte.

Eine Neuregelung sollte nur hinsichtlich der bisher lediglich unter dem Gesichtspunkt des Spekulationsgewinnes steuerpflichtigen Kursgewinne erfolgen. Auch die systematische Stellung der streitigen Norm bestätigt das Auslegungsergebnis. Denn diese Vorschrift ist Teil der §§ 52 ff EStG, deren Aufgabe es ist, das Nebeneinander von Alt- und Neuregelungen zu kodifizieren, um verfassungsrechtliche Rückwirkungsprobleme zu vermeiden. Für Stückzinsen bestand eine solche verfassungsrechtliche Problematik aber gerade nicht. Es fehlt daher an einem Bedarf für eine Übergangsregelung.

Linkhinweis:

Schleswig-Holsteinisches FG NL vom 30.9.2015
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