23.03.2023

Tarifierung von Vanille-Oleoresin und der Aromenbegriff im Branntweinsteuerrecht

1. Eine Ware bestehend aus rund 90 % (v/v) bzw. 85 % (m/m) Ethanol, 4,8 % (m/m) Trockenrückstand, bis zu 10 % (m/m) Wasser und mit einem durchschnittlichen Vanillin-Gehalt von 0,5 % (m/m) ist als Vanille-Oleoresin in die Unterpos. 1302 19 05 KN einzureihen. Die Pos. 1302 KN ist gegenüber den Pos. 3301 und 3302 KN nicht subsidiär.
2. Vanille-Oleoresin der Unterpos. 1302 19 05 KN ist als Aroma i.S. von § 152 Abs. 1 Nr. 5 BranntwMonG anzusehen, wenn es eine Zutat darstellt, die einem bestimmten Erzeugnis einen spezifischen Geschmack oder Geruch verleiht.

Kurzbesprechung
BFH v. 27. 9. 2022 - VII R 6/22 (VII R 44/18)

BranntwMonG § 130 Abs 1 S 1, § 152 Abs 1 Nr. 5
EWGRL 83/92 Art 27 Abs 1 Buchst e, KN Pos 1302 UPos 1905, KN Pos 3301, KN Pos 3302, KN Kap 13 Anm. 1 Buchst ij, KN Kap 33 Anm. 1 Buchst a
AEUV Art 267


Die Steuerpflichtige meldete Mischungen von Riechstoffen und Mischungen auf der Grundlage eines oder mehrerer dieser Stoffe, von der als Rohstoffe in der Lebensmittelindustrie verwendeten Art, hier: BIO Vanille Extrakt, unter der zollfreien Codenummer 3302 10 90 00 9 zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an.

Bei dieser Ware handelt es sich um ein ursprünglich mittels eines Lösungsmittels (nach Angaben der Steuerpflichtigen mittels Ethanol) aus der Pflanze (Vanilleschote) gewonnenes, stark riechendes, zähflüssiges, dunkelbraunes Produkt mit Ursprung Madagaskar, das anschließend in der Schweiz mit Alkohol und Wasser verdünnt und in die Europäische Union (EU) eingeführt wird. Nach der Verdünnung ist die Ware goldbraun und dünnflüssig und riecht stark nach Vanille. Nach der Verdünnung besteht sie aus rund 90 % (v/v) bzw. 85 % (m/m) Ethanol, 4,8 % (m/m) Trockenrückstand und bis zu 10 % (m/m) Wasser und verfügt über einen durchschnittlichen Vanillin-Gehalt von 0,5 % (m/m).

Das Hauptzollamt (HZA) erhob Branntweinsteuer nach, weil davon auszugehen sei, dass die Ware in die Codenummer 1302 19 05 00 0 (Zollsatz 3 %) einzureihen sei und damit der Branntweinsteuer unterliege. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Der BFH entschied, dass das die im Streitfall zu beurteilende Ware zutreffend in die Unterpos. 1302 19 05 KN eingereiht hatte. Allerdings hält die Vorentscheidung im Hinblick auf eine etwaige Befreiung der Ware von der Branntweinsteuer als Aroma einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Streitfall wurde daher an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Soweit das FG entschieden hatte, dass das HZA auch die Branntweinsteuer zu Recht nacherhoben hat, verstößt dies gegen Bundesrecht, weil das FG bei der Prüfung einer etwaigen Steuerbefreiung nach § 152 Abs. 1 Nr. 5 BranntwMonG zu Unrecht von den unionsrechtswidrigen Vorgaben des Verbrauchsteuerausschusses der Kommission ausgegangen ist und damit den Begriff des Aromas im Sinne der genannten Vorschrift unionsrechtswidrig eingeschränkt hat.

Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonG unterliegen Branntwein sowie branntweinhaltige Waren (Erzeugnisse) im Steuergebiet der Branntweinsteuer. Branntweinhaltige Waren i.S. des § 130 Abs. 1 BranntwMonG sind gemäß § 130 Abs. 4 BranntwMonG andere alkoholhaltige Waren als die des Kap. 22 KN, die unter Verwendung von Branntwein hergestellt werden oder Branntwein enthalten und deren Alkoholgehalt bei flüssigen Waren höher als 1,2 Volumenprozent, bei nicht flüssigen Waren als 1 Masseprozent ist. KN im Sinne dieses Gesetzes ist gemäß § 130 Abs. 5 BranntwMonG die Warennomenklatur in der am 19.10.1992 geltenden Fassung.

Bei Vanille-Oleoresin handelt es sich um eine branntweinhaltige Ware, weil es nicht in Kap. 22 KN einzureihen ist und nach den Feststellungen des FG 90 % (v/v) Ethanol enthält.

Dieses Erzeugnis ist von der Steuer befreit, wenn es gewerblich und unvergällt verwendet wird zur Herstellung von Aromen zur Aromatisierung von Getränken mit einem Alkoholgehalt von nicht mehr als 1,2 Volumenprozent (§ 152 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a BranntwMonG) oder von anderen Lebensmitteln, ausgenommen Branntwein und andere alkoholhaltige Getränke (§ 152 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b BranntwMonG).

Im zweiten Rechtsgang muss das FG nun über eine etwaige Steuerbefreiung nach § 152 Abs. 1 Nr. 5 BranntwMonG erneut entscheiden und in diesem Zusammenhang feststellen, ob die zu beurteilende Ware eine Zutat darstellt, die einem bestimmten Erzeugnis einen spezifischen Geschmack oder Geruch verleiht. Dabei hat das FG auch die weiteren Voraussetzungen der genannten Steuerbefreiungsnorm zu prüfen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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