Tätigkeit des Berufsbetreuers unterliegt der Umsatzsteuer
FG Münster 16.6.2011, 5 K 3437/10 UDer Kläger war in den Streitjahren als selbstständiger Berufsbetreuer tätig. Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis stellte er nicht aus. In seinen Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2007 sowie in den Umsatzsteuervoranmeldungen für 2008, 2009 und Januar und Februar 2010 gab er steuerpflichtige Umsätze an. Die Erklärungen und Anmeldungen führten zu Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im April 2010 stellte der Kläger beim Finanzamt den Antrag, seine Umsätze aus der Tätigkeit als Berufsbetreuer für die Zeit ab Juli 2005 als steuerfrei zu behandeln. Die Umsatzsteuerfreiheit folge aus der unmittelbaren Anwendung der Regelung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) bzw. Art. 13 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 77/388/EWG (6. EG-RL). § 4 Nr. 18 UStG setze die Richtlinienregelungen nicht hinreichend um, da der Begriff der sozialen Einrichtung auf Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der freien Wohlfahrtspflege dienende Körperschaften beschränkt sei. Bei den Leistungen eines Berufsbetreuers handele es sich um Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden sind.
Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Der Kläger stelle keine "anerkannte Einrichtung" im Sinne der Richtlinienregelungen dar. Der nationale Gesetzgeber, dem für die Anerkennung eigene Regelungsmöglichkeiten zustünden, habe hierzu in § 4 Nr. 16 und Nr. 18 UStG Regelungen getroffen, von denen Berufsbetreuer nicht erfasst würden. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Herabsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 und für die Voranmeldungszeiträume Januar und Februar 2010.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Änderungen zu Recht abgelehnt, weil der Kläger mit seiner Tätigkeit als Berufsbetreuer in den Streitjahren steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat.
Für den Kläger gilt nicht die nationale Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 18 UStG. Nach dieser Vorschrift sind die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.
Die als amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege geltenden Vereinigungen sind in § 23 UStDV aufgeführt. Zu diesem Personenkreis zählt der Kläger unstreitig nicht, da sein Unternehmen kein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege ist und nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient.
Zudem kann sich der Kläger auch nicht auf eine unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL bzw. Art. 13 Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL berufen. Denn weder handelt es sich bei seinem privaten Unternehmen - wie von den genannten Richtlinien allerdings vorausgesetzt - um eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts", noch hat Deutschland als EU-Mitgliedstaat das Unternehmen des Klägers als "Einrichtung mit sozialem Charakter" anerkannt.
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