28.02.2014

Taxen und Mietwagen können unter bestimmten Voraussetzungen unterschiedlich besteuert werden

Taxen und Mietwagen mit Fahrergestellung können unter bestimmten Voraussetzungen unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen unterliegen. Eine unterschiedliche Besteuerung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Fahrten unter identischen Voraussetzungen durchgeführt werden, wie es bei Krankentransporten für eine Krankenkasse der Fall sein kann.

EuGH 27.2.2014, C-454/12
Der Sachverhalt:
Das Unionsrecht gestattet den Mitgliedstaaten grundsätzlich, auf die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. In Deutschland hat der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und einen ermäßigten Steuersatz von 7 % für die Beförderung von Personen mit Taxen vorgesehen, sofern die Beförderung innerhalb einer Gemeinde erfolgt oder die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt.

Zwei deutsche Unternehmen, die Mietwagen mit Fahrergestellung anbieten, hatten den BFH angerufen, weil sie der Ansicht waren, dass ihre Beförderungsleistungen im Nahverkehr, genau wie bei Taxen, nicht dem normalen Mehrwertsteuersatz (16 % für die Jahre 2003 bis 2006 und 19 % für das Jahr 2007) unterworfen werden dürften. Diese Leistungen betrafen u.a. den Krankentransport im Rahmen eines Vertrags zwischen einer Krankenkasse und dem Taxi- und Mietwagenunternehmerverband, der auf beide unterschiedslos anwendbar war. Insbesondere galt das in diesem Vertrag festgelegte Beförderungsentgelt in gleicher Weise für beide Arten von Unternehmen.

Der BFH wies darauf hin, dass in Deutschland sowohl die Beförderung per Taxi als auch die Beförderung per Mietwagen genehmigungspflichtig ist. Diese beiden Beförderungsarten unterliegen jedoch unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen. So dürfen Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung nur Beförderungsaufträge annehmen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind; dagegen ist Taxiunternehmen die Annahme von Aufträgen stets gestattet, was das Vorhandensein von Fahrzeugen an genau bestimmten Stellen oder die Abrufbarkeit voraussetzt.

Ferner bestehen Unterschiede in Bezug auf die Annahme, die Übermittlung und die Durchführung der Beförderungsaufträge sowie in Bezug auf die Werbung und das Bereithalten des Fahrzeugs. Außerdem dürfen den Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale nicht für Mietwagen mit Fahrergestellung verwendet werden.

Da der BFH gleichwohl Zweifel an der Vereinbarkeit einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung mit dem Unionsrecht und insbesondere dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität hatte, hat er den EuGH um die Auslegung des Unionsrechts ersucht.

Die Gründe:
Das Unionsrecht - insbesondere der Grundsatz der steuerlichen Neutralität - steht der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze auf die Beförderung von Personen im Nahverkehr zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung nicht entgegen, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, denen diese beiden Beförderungsarten unterliegen, muss die Beförderung per Taxi einen konkreten und spezifischen Aspekt der fraglichen Dienstleistungskategorie (Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks) darstellen.

Diese Unterschiede müssen einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des durchschnittlichen Nutzers für eine dieser Beförderungsarten haben. Es ist Sache des BFH, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten erfüllt sind.

Dagegen steht das Unionsrecht der Anwendung unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze auf die Beförderung von Personen im Nahverkehr zum einen per Taxi und zum anderen per Mietwagen mit Fahrergestellung entgegen, wenn aufgrund einer Sondervereinbarung, die auf die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung unterschiedslos angewandt wird, die Beförderung von Personen per Taxi keinen konkreten und spezifischen Aspekt der Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks darstellt und die im Rahmen dieser Vereinbarung durchgeführte Tätigkeit aus der Sicht des durchschnittlichen Nutzers als der Tätigkeit der Beförderung von Personen im Nahverkehr per Mietwagen mit Fahrergestellung gleichartig anzusehen ist. Es ist Sache des BFH, dies zu prüfen.

Die Anwendung eines unterschiedlichen Mehrwertsteuersatzes ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das Beförderungsentgelt in einer solchen Vereinbarung festgelegt ist und in gleicher Weise für die Taxiunternehmen und die Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung gilt, wenn die Vereinbarung für beide Beförderungsarten lediglich die Pflicht zur tatsächlichen Durchführung des Transports vorsieht und wenn die Taxiunternehmen somit im Rahmen der Vereinbarung nicht den außerhalb dieser Vereinbarung für sie geltenden besonderen rechtlichen Anforderungen unterliegen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier (pdf-Datei).

EuGH PM v. 27.2.2014
Zurück