13.04.2018

Treibhausgasemissionszertifikate: Slowakischen Steuer mit Satz von 80 % auf den Wert verkaufter oder nicht verwendeter Zertifikate verstößt gegen EU-Recht

Das Unionsrecht steht der slowakischen Steuer entgegen, die mit einem Satz von 80 % auf den Wert der verkauften oder nicht verwendeten Treibhausgasemissionszertifikate erhoben wurde. Eine solche Steuer beachtet nicht den Grundsatz der kostenlosen Zuteilung fast aller Zertifikate für den Zeitraum von 2008 bis 2012.

EuGH 12.4.2018, C-302/17
Der Sachverhalt:
In den Jahren 2011 und 2012 besteuerte die Slowakei den Wert der Treibhausgasemissionszertifikate, die von den am System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten teilnehmenden Unternehmen verkauft oder nicht verwendet wurden, mit einem Steuersatz von 80 %. Diese Zertifikate waren den Wirtschaftsteilnehmern gem. der Richtlinie 2003/87/EG über das System für den Handel mit Zertifikaten kostenlos zugeteilt worden. Das Unternehmen PPC Power stellt vor den slowakischen Gerichten die Vereinbarkeit dieser Steuer mit der Richtlinie in Frage.

Das mit dem Rechtsstreit befasste Regionalgericht Bratislava, Slowakei, möchte vom EuGH wissen, ob die Richtlinie einer solchen Steuer entgegensteht.

Die Gründe:
Die Zielsetzung der Richtlinie besteht darin, es den Unternehmen, die dem System für den Handel mit Zertifikaten unterliegen, zu ermöglichen, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern, ohne dass ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wird. In diesem Zusammenhang sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten für den Zeitraum von 2008 bis 2012 mindestens 90 % der Zertifikate kostenlos zuteilen. Es steht den Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich frei, steuerliche Maßnahmen im Hinblick auf die Verwendung dieser Zertifikate zu erlassen; diese Maßnahmen dürfen jedoch die Zielsetzung der Richtlinie nicht beeinträchtigen.

Der wirtschaftliche Wert der Zertifikate stellt insoweit den Eckpfeiler des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten dar, da die Perspektive des Verkaufs der nicht verwendeten Zertifikate den Wirtschaftsteilnehmern einen Anreiz dafür bietet, in Maßnahmen zur Verringerung ihrer Emissionen zu investieren. Daher ist es für das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Systems wesentlich, dass eine von einem Mitgliedstaat erhobene Steuer diesen wirtschaftlichen Wert nicht beseitigt.

Die streitgegenständliche Steuer entzieht jedoch den betroffenen Unternehmen fast den gesamten wirtschaftlichen Wert der Zertifikate, so dass diese Unternehmen jeden Anreiz verlieren, die Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen zu fördern. Daher beachtet die in Rede stehende Steuer den Grundsatz der kostenlosen Zuteilung der Treibhausgasemissionszertifikate nicht und beeinträchtigt damit die Zielsetzung der Richtlinie. Folglich ist diese Steuer mit der Richtlinie nicht vereinbar.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 42 vom 13.4.2018
Zurück