Über einen Betriebsfonds gezahlte Zuschüsse der EU zur Anschaffung von Investitionsgütern im Bereich der Landwirtschaft Entgelt von dritter Seite
Kurzbesprechung
BFH v. 22.01.2020 - XI R 26/19 (XI R 5/17)
Richtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Art. 20, Art. 27
VO Nr. 2200/96/EG Art. 11, Art. 15
UStG § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 12, § 10 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 2
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5
Die Steuerpflichtige war in den Jahren 2002 und 2003 (Streitjahre) als Großhändlerin für Obst, Gemüse und Kartoffeln tätig, indem sie die von ihren Mitgliedern produzierten und an sie gelieferten Produkte vermarktete. Sie war außerdem eine anerkannte Erzeugerorganisation i.S. der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28.10.1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (VO Nr. 2200/96).
Nach Art. 15 der VO Nr. 2200/96 können derartige Erzeugerorganisationen einen sog. Betriebsfonds einrichten. Dieser Fonds ist ein Zweckvermögen des privaten Rechts i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, das sich je zur Hälfte aus Beiträgen der in der Erzeugerorganisation zusammengeschlossenen Erzeuger und der finanziellen Beihilfe i.S. des Art. 15 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96 (finanzielle Beihilfe) finanziert. Mit den Mitteln des Betriebsfonds können sog. operationelle Programme, die den zuständigen innerstaatlichen Behörden vorgelegt und von diesen genehmigt werden müssen (Art. 15 Abs. 2 Buchst. b, Art. 16 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96), ausgeführt werden. Inhalt von operationellen Programmen können u.a. Investitionen in Einzelbetrieben von Mitgliedern der Erzeugerorganisation sein (Art. 8 Abs. 2 Buchst. o der Verordnung (EG) Nr. 609/2001 der Kommission vom 28.03.2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der operationellen Programme, der Betriebsfonds und der finanziellen Beihilfe der Gemeinschaft sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 411/97 -VO Nr. 609/2001‑‑; Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Anhang I Ziffer 17 der Verordnung (EG) Nr. 1433/2003 der Kommission vom 11.08.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der Betriebsfonds, der operationellen Programme und der finanziellen Beihilfe -VO Nr. 1433/2003‑‑).
Die Beiträge der Erzeuger wurden in den Streitjahren in der Weise erbracht, dass alle Mitglieder der Steuerpflichtigen 3 % ihrer Umsatzerlöse in den Betriebsfonds einzahlten. Diesen Betrag behielt die Steuerpflichtige bei jeder Anlieferung ein.
Der BFH entschied, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für die Lieferungen nicht nur die den Erzeugern in Rechnung gestellten Beträge, sondern auch die Zahlungen aus dem Betriebsfonds gehören. Bei diesen Zahlungen handelte es sich um Zahlungen eines Dritten und nicht um die Umschichtung eigener Finanzmittel, da der Betriebsfonds nach nationalem Recht (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, § 2 UStG) als Zweckvermögen körperschaftsteuerpflichtig ist und auch umsatzsteuerrechtlich rechtsfähig sein kann. Es handelt sich um ein zweckgebundenes Vermögen, über das Steuerpflichtige nicht frei verfügen konnte, sondern das nur zu den in Art. 15 Abs. 2 der VO Nr. 2200/96, Art. 3 der VO Nr. 609/2001, Art. 5 der VO Nr. 1433/2003 genannten Zwecken eingesetzt werden durfte. Dass die Zahlungen der EU an den Betriebsfonds der Förderung der Allgemeinheit dienen, ändert an der unmittelbaren Verknüpfung der Zahlung aus dem Betriebsfonds nichts.
Unionsrechtliche Zweifel an dieser Beurteilung bestehen nach dem EuGH-Urteil C v. 09.10.2019 ‑ C‑573/18 und C‑574/18 nicht. Der EuGH hat angenommen, dass die Zahlungen aus den Betriebsfonds an die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugerorganisationen für die Lieferung von Investitionsgütern geleistet wurden und den betroffenen Erzeugern zugute kamen. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung dieser Gegenstände und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung. Die Zahlungen aus den Betriebsfonds seien "Subventionen" von "einem Dritten" i.S. von Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, denn die Betriebsfonds seien rechtsfähig und die betreffende Erzeugerorganisation dürfe das Vermögen dieser Fonds nicht zu persönlichen Zwecken nutzen. Diese Auslegung gewährleiste außerdem die Wahrung der steuerlichen Neutralität.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Richtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Art. 20, Art. 27
VO Nr. 2200/96/EG Art. 11, Art. 15
UStG § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 12, § 10 Abs. 1 Satz 3, § 10 Abs. 2
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 5
Die Steuerpflichtige war in den Jahren 2002 und 2003 (Streitjahre) als Großhändlerin für Obst, Gemüse und Kartoffeln tätig, indem sie die von ihren Mitgliedern produzierten und an sie gelieferten Produkte vermarktete. Sie war außerdem eine anerkannte Erzeugerorganisation i.S. der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28.10.1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (VO Nr. 2200/96).
Nach Art. 15 der VO Nr. 2200/96 können derartige Erzeugerorganisationen einen sog. Betriebsfonds einrichten. Dieser Fonds ist ein Zweckvermögen des privaten Rechts i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, das sich je zur Hälfte aus Beiträgen der in der Erzeugerorganisation zusammengeschlossenen Erzeuger und der finanziellen Beihilfe i.S. des Art. 15 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96 (finanzielle Beihilfe) finanziert. Mit den Mitteln des Betriebsfonds können sog. operationelle Programme, die den zuständigen innerstaatlichen Behörden vorgelegt und von diesen genehmigt werden müssen (Art. 15 Abs. 2 Buchst. b, Art. 16 Abs. 1 der VO Nr. 2200/96), ausgeführt werden. Inhalt von operationellen Programmen können u.a. Investitionen in Einzelbetrieben von Mitgliedern der Erzeugerorganisation sein (Art. 8 Abs. 2 Buchst. o der Verordnung (EG) Nr. 609/2001 der Kommission vom 28.03.2001 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der operationellen Programme, der Betriebsfonds und der finanziellen Beihilfe der Gemeinschaft sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 411/97 -VO Nr. 609/2001‑‑; Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Anhang I Ziffer 17 der Verordnung (EG) Nr. 1433/2003 der Kommission vom 11.08.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates hinsichtlich der Betriebsfonds, der operationellen Programme und der finanziellen Beihilfe -VO Nr. 1433/2003‑‑).
Die Beiträge der Erzeuger wurden in den Streitjahren in der Weise erbracht, dass alle Mitglieder der Steuerpflichtigen 3 % ihrer Umsatzerlöse in den Betriebsfonds einzahlten. Diesen Betrag behielt die Steuerpflichtige bei jeder Anlieferung ein.
Der BFH entschied, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für die Lieferungen nicht nur die den Erzeugern in Rechnung gestellten Beträge, sondern auch die Zahlungen aus dem Betriebsfonds gehören. Bei diesen Zahlungen handelte es sich um Zahlungen eines Dritten und nicht um die Umschichtung eigener Finanzmittel, da der Betriebsfonds nach nationalem Recht (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, § 2 UStG) als Zweckvermögen körperschaftsteuerpflichtig ist und auch umsatzsteuerrechtlich rechtsfähig sein kann. Es handelt sich um ein zweckgebundenes Vermögen, über das Steuerpflichtige nicht frei verfügen konnte, sondern das nur zu den in Art. 15 Abs. 2 der VO Nr. 2200/96, Art. 3 der VO Nr. 609/2001, Art. 5 der VO Nr. 1433/2003 genannten Zwecken eingesetzt werden durfte. Dass die Zahlungen der EU an den Betriebsfonds der Förderung der Allgemeinheit dienen, ändert an der unmittelbaren Verknüpfung der Zahlung aus dem Betriebsfonds nichts.
Unionsrechtliche Zweifel an dieser Beurteilung bestehen nach dem EuGH-Urteil C v. 09.10.2019 ‑ C‑573/18 und C‑574/18 nicht. Der EuGH hat angenommen, dass die Zahlungen aus den Betriebsfonds an die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugerorganisationen für die Lieferung von Investitionsgütern geleistet wurden und den betroffenen Erzeugern zugute kamen. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung dieser Gegenstände und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung. Die Zahlungen aus den Betriebsfonds seien "Subventionen" von "einem Dritten" i.S. von Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, denn die Betriebsfonds seien rechtsfähig und die betreffende Erzeugerorganisation dürfe das Vermögen dieser Fonds nicht zu persönlichen Zwecken nutzen. Diese Auslegung gewährleiste außerdem die Wahrung der steuerlichen Neutralität.