Überschuss aus dem Rückverkauf von Genussrechten kann Arbeitslohn darstellen
BFH 5.11.2013, VIII R 20/11Der Kläger erzielte im Streitjahr 2004 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der X-GmbH. Im Anstellungsvertrag aus dem Jahr 2001 hatte die GmbH dem Kläger ein Genussrecht eingeräumt, das in Höhe von 2 % an der Wertsteigerung der Gesellschaft nach dem Stuttgarter Verfahren teilnehmen und für den Fall eines Börsengangs durch ein Aktienbezugsrecht ersetzt werden sollte. Die Genussrechte konnten grundsätzlich nur an die GmbH veräußert oder übertragen werden.
Im Dezember 2002 war eine Änderung des Genussrechtsvertrages vereinbart worden. Danach einigten die Parteien sich auf einen Rückkaufswert i.H.v. 1,6 Mio. €, der mit dem Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer der GmbH, spätestens im Januar 2004, fällig werden sollte. Der geänderte Vertrag sah vor, dass bei Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen schuldhaften Verhaltens des Klägers das Genussrechtsverhältnis vorzeitig endete und bis auf die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals sämtliche Zahlungsansprüche des Klägers aus dem Genussrechtsvertrag entfielen.
Im Juni 2004 endete schließlich die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der GmbH. Im Januar 2004 erhielt er den vereinbarten Betrag aus der Rückübertragung der Genussrechte i.H.v. 1,6 Mio. € ausbezahlt. Das Finanzamt berücksichtigte diesen Betrag im Einkommensteuerbescheid für 2004 als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Später änderte es den Bescheid insoweit, als für den Rückerwerb der Genussrechte ein nach seiner Auffassung überhöhter Preis gezahlt worden war.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Kläger war der Ansicht, die gemeinsame Abwicklung des Anstellungs- und des Genussrechtsverhältnisses könne nicht dazu führen, dass die Vereinbarung über den Rückkaufswert des Genussrechts als Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewertet werde, da es sich um zwei eigenständige Rechtsgrundlagen gehandelt habe. Seine Revision blieb jedoch vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Zwar hatte das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass es sich bei dem vom Finanzamt der Besteuerung zugrunde gelegten Betrag um steuerbare Einkünfte handelte. Es war jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Besteuerung § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei. Denn der dem Kläger von der GmbH für die Rückübertragung der Genussrechte gewährte Betrag war den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen, sodass sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erwies.
Das FG war aufgrund des Fehlens einer gesetzlichen Subsidiaritätsklausel zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG und aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG kein Rangverhältnis bestehe. Es hatte dabei übersehen, dass nach ständiger BFH-Rechtsprechung darüber zu entscheiden ist, welche Einkunftsart im Vordergrund steht und dadurch die andere Einkunftsart verdrängt. Zwar ist der BFH grundsätzlich daran gehindert, die festgestellten Tatsachen selbst zu würdigen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das FG alle für die Tatsachenwürdigung erforderlichen Tatsachen festgestellt hat und diese Feststellungen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen für eine bestimmte Schlussfolgerung sprechen, die das FG nicht gezogen hat. Und dies war hier der Fall.
So ist jede Form der Mitarbeiterbeteiligung naturgemäß auf den Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber - wie hier - nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen möchte. Kann der Arbeitnehmer die von seinem Arbeitgeber erworbenen Genussrechte - wie hier - nur dadurch verwerten, dass er sie nach Ablauf der Laufzeit an diesen veräußert und hängt die Höhe des Rückkaufswerts der Genussrechte davon ab, wie das Anstellungsverhältnis endet, handelt es sich bei dem Überschuss aus dem Rückverkauf der Genussrechte um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG. Der geldwerte Vorteil fließt dem Arbeitnehmer in diesem Fall zu dem Zeitpunkt zu, in dem ihm das Entgelt für die Rücknahme der Genussrechte ausgezahlt wird, das war hier erst im Streitjahr 2004.
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