Überversorgungsprüfung für Pensionsrückstellungen
BFH 20.12.2016, I R 4/15Die Klägerin ist eine 1991 gegründete GmbH, die in den Streitjahren 2005 bis 2007 ein handwerkliches Unternehmen betrieb. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit dem damals alleinigen Gesellschafter C. (geb. 1941) sah zunächst ein Bruttomonatsgehalt von 7.000 DM zzgl. Tantieme "bis zu 50% des Jahresüberschusses vor Steuer nach Feststellung der Bilanz" vor. Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz war nicht geregelt.
Im Jahr 1993 erteilte die Klägerin dem C. eine Versorgungszusage (unverfallbarer Anspruch auf ein unveränderliches Ruhegehalt von 6.000 DM p.M. ab Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. auf Hinterbliebenenversorgung). 1999 übertrug der C. seine Anteile auf seine Söhne, die ab 2000 ebenfalls zu Geschäftsführern bestellt wurden. Die Arbeitszeit des C. wurde i.V.m. einer Herabsetzung des Bruttomonatsgehalts auf 6.000 DM reduziert. Ab März zahlte die Klägerin eine Pension i.H.v. 3.067 € (= 6.000 DM). Zudem erhielt der C. ab März 2006 eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung von mtl. 831 €. Sein Rentenanspruch beruhte im Wesentlichen auf (eigenfinanzierten) Einzahlungen in die Sozialversicherung in der DDR.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass für C. eine Überversorgung vorgelegen habe. Spätestens ab dem Jahr 1995 hätte eine Anpassung der Versorgungszusage erfolgen müssen. Die Pensionsrückstellung sei innerbilanziell zu korrigieren. Von den an C. ausgezahlten Pensionsleistungen sei ein Teilbetrag als vGA dem Gewinn der GmbH hinzuzurechnen.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Das FG hat rechtsfehlerhaft von einer einkommens- und gewerbeertragswirksamen Kürzung der Rückstellung für die Pensionsverpflichtung der Klägerin sowie von einem Ansatz von vGA (anteilige Pensionsleistungen) schon dem Grunde nach abgesehen. Die Klägerin hatte in den Gewinnermittlungen der Streitjahre für ihre Verpflichtungen aus den Versorgungsversprechen grundsätzlich eine Rückstellung zu bilden. Der Rückstellungsansatz für den Versorgungsanspruch des C. verstieß gegen § 5 Abs. 6 i.V.m. § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 S. 4 (S. 2 Nr. 2 Hs. 2 i.V.m. Nr. 1 S. 4) EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, für die Ermittlung des Gewerbeertrages darüber hinaus i.V.m. § 7 GewStG.
Eine Pensionsrückstellung ist höchstens mit ihrem Teilwert anzusetzen (§ 6a Abs. 3 EStG). Dabei sind Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahrs, die hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfanges ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwerts der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen, wenn sie eingetreten sind. Entsprechendes gilt für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses des Pensionsberechtigten.
Die hieraus sich ergebende Berechnung des Teilwerts nach dem sog. Stichtagsprinzip lässt sich im Fall einer Zusage von Versorgungsbezügen in Höhe fester Beträge nicht durch eine entsprechend höher bemessene Versorgung umgehen. Eine solche Höherbemessung, die als Vorwegnahme künftiger Entwicklungen anzusehen sein kann, führt als sog. Überversorgung zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung, und zwar typisierend dann, wenn (und soweit) die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, die letzten Aktivbezüge und die zu erwartenden Sozialversicherungsrenten zu schätzen, ist Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Begünstigten im jeweiligen Wirtschaftsjahr tatsächlich erbrachten Arbeitsentgelte abzustellen.
An diesen in ständiger BFH-Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist ausdrücklich festzuhalten. Auch wenn bei der Prüfung stichtagsbezogen auf die "aktuellen Aktivbezüge" des Zusageempfängers abzustellen ist, kann es bei dauerhafter Herabsetzung der Bezüge geboten sein, den Maßstab i.S. einer zeitanteiligen Betrachtung zu modifizieren. Dabei umfassen die "aktuellen Aktivbezüge" auch variable Gehaltsbestandteile, die im Rahmen einer Durchschnittsberechnung für die letzten fünf Jahre zu ermitteln sind.
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