Umsatzsteuer: EuGH-Vorlage zur Steuerentstehung
BFH v. 7.5.2020 - V R 16/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG. Sie hatte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T-GmbH auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung vom 7.11.2012 erbracht. Danach hatte die GmbH die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Nach der Präambel zur Vereinbarung war der Grundstückskaufvertrag bereits beurkundet worden und es wurde festgestellt, dass der Auftragnehmer seine aus diesem Auftrag resultierenden Verpflichtungen umfassend erfüllt habe.
Als Gegenleistung war vereinbart, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber ein Honorar von 1.000.000 € zzgl. Mehrwertsteuer erhalte. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zzgl. Umsatzsteuer gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am 30.6.2013 zu zahlen. Der Auftraggeber hatte dem Auftragnehmer zur Erfüllung der Honorarzahlungen eine Sicherheit zu leisten. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Klägerin aufgrund der im Streitjahr bereits erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar zu versteuern habe. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in den Jahren 2013 bis 2018 noch weitere Vermarktungsleistungen zu erbringen hatte und dass eine jährliche Zahlung von 200.000 € unter der Bedingung, dass das Projekt eine entsprechende Entwicklung nehme, geschuldet sei, folgte das Finanzamt ebenso wenig wie einer Ergänzungsvereinbarung vom 15.3.2016, nach der ein sog. Leadmakler-Vermarktungsauftrag mit Erfolgshonorar zustande gekommen sei, was bedeute, dass der Auftragnehmer das vertragsgegenständliche Grundstück an den Auftraggeber vermittle und das hierfür vom Auftraggeber entwickelte Gesamtprojekt durch aktive Begleitung der weiteren Vermarktung unterstütze.
das FG gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt. Die Klägerin habe ihre Vermittlungsleistung bereits im Streitjahr erbracht, wie sich aus der Honorarvereinbarung ergebe. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Gründe:
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?
2. Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage: Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?
Ausgehend vom bloßen Wortlaut des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL könnte die erste Rechtsfrage, auch wenn es sich hierbei nur um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 63 MwStSystRL handelt, zu bejahen sein. Denn im hier vorliegenden Fall einer Befristung von Zahlungsansprüchen, wie bei einer Ratenzahlungsvereinbarung, gibt die Dienstleistung entsprechend dem Wortlaut dieser Bestimmung Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen.
Gleichwohl hat der Senat Zweifel an der Auslegung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass diese Bestimmung eine Ratenzahlungsvereinbarung, wie sie auch im Streitfall besteht, für den Fall der Lieferung durch Ratenverkauf von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Einen vergleichbaren Ausschlusstatbestand enthält Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL für Dienstleistungen, wie im Streitfall, nicht.
BFH online
Die Klägerin versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG. Sie hatte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T-GmbH auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung vom 7.11.2012 erbracht. Danach hatte die GmbH die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Nach der Präambel zur Vereinbarung war der Grundstückskaufvertrag bereits beurkundet worden und es wurde festgestellt, dass der Auftragnehmer seine aus diesem Auftrag resultierenden Verpflichtungen umfassend erfüllt habe.
Als Gegenleistung war vereinbart, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber ein Honorar von 1.000.000 € zzgl. Mehrwertsteuer erhalte. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zzgl. Umsatzsteuer gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am 30.6.2013 zu zahlen. Der Auftraggeber hatte dem Auftragnehmer zur Erfüllung der Honorarzahlungen eine Sicherheit zu leisten. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Klägerin aufgrund der im Streitjahr bereits erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar zu versteuern habe. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in den Jahren 2013 bis 2018 noch weitere Vermarktungsleistungen zu erbringen hatte und dass eine jährliche Zahlung von 200.000 € unter der Bedingung, dass das Projekt eine entsprechende Entwicklung nehme, geschuldet sei, folgte das Finanzamt ebenso wenig wie einer Ergänzungsvereinbarung vom 15.3.2016, nach der ein sog. Leadmakler-Vermarktungsauftrag mit Erfolgshonorar zustande gekommen sei, was bedeute, dass der Auftragnehmer das vertragsgegenständliche Grundstück an den Auftraggeber vermittle und das hierfür vom Auftraggeber entwickelte Gesamtprojekt durch aktive Begleitung der weiteren Vermarktung unterstütze.
das FG gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt. Die Klägerin habe ihre Vermittlungsleistung bereits im Streitjahr erbracht, wie sich aus der Honorarvereinbarung ergebe. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Gründe:
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?
2. Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage: Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?
Ausgehend vom bloßen Wortlaut des Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL könnte die erste Rechtsfrage, auch wenn es sich hierbei nur um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 63 MwStSystRL handelt, zu bejahen sein. Denn im hier vorliegenden Fall einer Befristung von Zahlungsansprüchen, wie bei einer Ratenzahlungsvereinbarung, gibt die Dienstleistung entsprechend dem Wortlaut dieser Bestimmung Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen.
Gleichwohl hat der Senat Zweifel an der Auslegung von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL. Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass diese Bestimmung eine Ratenzahlungsvereinbarung, wie sie auch im Streitfall besteht, für den Fall der Lieferung durch Ratenverkauf von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Einen vergleichbaren Ausschlusstatbestand enthält Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL für Dienstleistungen, wie im Streitfall, nicht.