27.01.2017

Umsatzsteuerpflicht einer in der Schweiz wohnhaften Geistheilerin in Deutschland

Sofern der Unternehmer keinen Beruf aus dem Katalog des § 4 Nr. 14a S. 1 UStG ausübt, ist von der beruflichen Befähigung grundsätzlich dann auszugehen, wenn er die Voraussetzungen einer berufsrechtlichen Regelung erfüllt, die mit einem der dort genannten Berufe vergleichbar ist. Eine berufsrechtliche Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung gibt es in Deutschland für "Geistiges Heilen" bisher nicht.

FG Baden-Württemberg 6.7.2016, 14 K 1338/15
Der Sachverhalt:
Im April 2014 war beim beklagten Finanzamt ein Schreiben eingegangen, wonach die Klägerin, die in der Schweiz ihren Wohnsitz habe, Seminare anbiete, die sich mit esoterischen Praktiken befassten. Das Finanzamt nahm daraufhin mit der Klägerin Kontakt auf. Diese gab daraufhin an, sie sei Autorin und habe seit 2008 ihren "alleinigen Wohnsitz" in der Schweiz. Seitdem behielten ihre Buchverlage die ESt. und Soli direkt ein und leiteten diese ihres Wissens nach an die Finanzämter weiter. Angaben zur steuerlichen Erfassung, zur Handelsregistereintragung, zu ausländischen Bankverbindungen und zur Art der Umsätze in Deutschland machte sie nicht.

Der Steuerberater der Klägerin teilte dem Finanzamt mit, dass die Klägerin in Deutschland Umsätze erziele, die nach § 4 Nr. 14a S. 1 UStG mit der Tätigkeit eines Heilpraktikers vergleichbar seien. Als Nachweis reichte er eine Urkunde ein, wonach die Klägerin, so der Dachverband Geistiges Heilen e.V. (DGH), seit 2004 eine anerkannte Heilerin des DGH sei. Zu den von der Klägerin ausgeübten Heilweisen gehörten Besprechen (Heilgebete), Clearing, Handauflegen und Reiki. Das Finanzamt folgte der Auffassung der Klägerin nicht und erließ, nach Anhörung auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2013.

Die Klägerin war der Ansicht, die Ausbildung zur Heilerin sei auf jeden Fall dem als einem Katalogberuf ähnlich anerkannten Berufsbild eines "Beschäftigungstherapeuten", "Diätassistenten", "Ergotherapeuten" oder "Funktionstrainers" vergleichbar. In Großbritannien sei der Beruf des "geistigen Heilens" als medizinischer Beruf anerkannt. Das FG wies die gegen die Umsatzsteuerbescheide gerichtete Klage dennoch ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Umsätze aus den von der Klägerin in Deutschland abgehaltenen Seminaren unterliegen in Deutschland der Umsatzbesteuerung  und sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Im vorliegenden Fall fehlte es bereits an der für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a S. 1 UStG erforderlichen Berufsqualifikation der Klägerin. Jedenfalls hatte sie diese bis dahin nicht glaubhaft gemacht. Da derjenige, der die Umsatzsteuerfreiheit begehrt, die Feststellungslast für die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen trägt, hier also die Klägerin, ging das zu ihren Lasten.

Sofern der Unternehmer keinen Beruf aus dem Katalog des § 4 Nr. 14a S. 1 UStG ausübt, ist von der beruflichen Befähigung grundsätzlich dann auszugehen, wenn er die Voraussetzungen einer berufsrechtlichen Regelung erfüllt, die mit einem der dort genannten Berufe vergleichbar ist. Eine berufsrechtliche Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung gibt es in Deutschland für "Geistiges Heilen" bisher nicht. Im Übrigen hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass ihre Fähigkeit zum "Geistigen Heilen" auf Talent beruhe und nicht auf einer Ausbildung im eigentlichen Sinne.

Zwar hängt der Nachweis der beruflichen Befähigung nicht ausschließlich von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. Denn, entsprechend dem Zweck der Regelung, die Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer zu entlasten, kann grundsätzlich vom Vorliegen des Befähigungsnachweises ausgegangen werden, wenn die heilberuflichen Leistungen des Unternehmers in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Grundlage hierfür ist aber in erster Linie eine Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung. Allerdings waren die Voraussetzungen weder nach Lage der Akten erfüllt noch hat die Klägerin entsprechende Nachweise erbracht.

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