24.08.2015

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung

Führt ein Verein Maßnahmen zur Arbeitsmarktförderung durch und werden diese durch Zahlungen eines Landkreises, eines Bundeslandes bzw. der Bundesagentur für Arbeit finanziert, handelt es sich um umsatzsteuerbare Leistungen des Vereins, wenn dessen Leistungen derart mit den Zahlungen verknüpft sind, dass sie sich auf die Erlangung der Zahlungen richten. Für die Annahme eines Leistungsaustauschs ist ohne Bedeutung, ob der (gemeinnützige) Unternehmer damit auch einen seiner Satzungszwecke verwirklicht.

BFH 22.4.2015, XI R 10/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Er realisierte in den Streitjahren 2003 und 2004 Arbeitsförderungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsprojekte für Frauen, Jugendliche, Schwerbehinderte, Langzeitarbeitslose und andere Teilnehmer, die jeweils durch Zuschüsse des Landkreises, des Landes und der Bundesanstalt für Arbeit (BA) finanziert wurden (Leistungen I). Im Rahmen der Projekte beschäftigte der Kläger mehrere Hundert Teilnehmer im Jahr beim Kommunalbau, im Rahmen des Naturschutzes sowie bei Projekten, in denen die Teilnehmer in sozialen Fragen oder hinsichtlich ihrer Eignung für berufliche Tätigkeiten geschult und fortgebildet wurden. Mit dem Verkauf von hergestellten Produkten, der Erteilung von Unterricht für Dritte, dem Betrieb einer Kantine sowie eines "Dritte-Welt-Ladens" führte der Kläger daneben weitere Leistungen aus (Leistungen II).

Ab dem Jahr 2003 wurden Verwaltungs- und Projektbearbeitungsleistungen für den Kläger von der zu diesem Zweck gegründeten Z-GmbH übernommen, an der der Kläger zu 70 % beteiligt war. Daneben führte die GmbH auch Leistungen an externe Auftraggeber aus. Der Kläger ging davon aus, dass er nur mit den Leistungen II unternehmerisch tätig sei, während es sich bei den Leistungen I um nichtunternehmerische Tätigkeiten handele. Weiter nahm er an, er sei Organträger der GmbH, und nahm u.a. aus den Eingangsleistungen "der GmbH" den vollen Vorsteuerabzug vor. Dem folgte das Finanzamt nicht, sondern vertrat die Auffassung, dass die Vorsteuer aufzuteilen sei. Die Behörde stellte dabei zunächst auf das Verhältnis der nicht steuerbaren Innenumsätze zu den Ausgangsumsätzen der GmbH ab.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:
Die konkludente Annahme des FG, die Leistungen I, die durch Zuschüsse des Landkreises, des Landes und der BA finanziert wurden, seien nicht steuerbar, wird von den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.

Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet. Führt ein Verein u.a. für Langzeitarbeitslose Arbeitsförderungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen durch, die durch Zahlungen eines Landkreises, eines Bundeslandes bzw. der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden, handelt es sich um umsatzsteuerbare Leistungen des Vereins, wenn dessen Leistungen derart mit den Zahlungen verknüpft sind, dass sie sich auf die Erlangung der Zahlungen richten.

Für die Annahme eines Leistungsaustauschs ist ohne Bedeutung, ob der (gemeinnützige) Unternehmer damit auch einen seiner Satzungszwecke verwirklicht; die wirtschaftliche Tätigkeit wird nicht durch eine gleichzeitig verfolgte ideelle Betätigung verdrängt. Zu dem bei einer Vorsteueraufteilung zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Tätigkeiten im Rahmen einer Schätzung maßgeblichen "Gesamtumsatz" gehören auch Zuschüsse.

Allerdings hatte das FG keine Feststellungen zu dem konkreten Inhalt der Projekte des Klägers, zu den zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen mit den Zahlenden (BA, Land und Landkreis), den (vom FG nicht festgestellten) Begünstigten (eventuell z.B. Kommunen, Vereine oder Landwirte) und den Teilnehmern (z.B. Langzeitarbeitslose) sowie zu den Grundlagen für die "Zuschüsse" getroffen. Und kann anhand der Feststellungen des FG nicht nachgeprüft werden, ob das FG zu Recht zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist, liegt ein materieller Fehler vor, der ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt. Außerdem war das FG nicht der Frage nachgegangen, ob die Zuschüsse des Landkreises, des Landes und der BA Entgelt von dritter Seite für steuerbare Umsätze des Klägers an die Begünstigten oder die Teilnehmer der Projekte sein könnten.

Linkhinweis:

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