Unzulässigkeit eines sofortigen Aussetzungsantrags gegen die gerichtliche Zurückweisung eines Bevollmächtigten
FG Köln 13.10.2014, 10 V 2123/14Die Antragstellerin zu 1) ist eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, die Dienstleistungen auf dem Gebiet des Steuerrechts geschäftsmäßig anbietet. Sie wird vertreten durch die "Directoren" Herrn D. und Frau E. Als Zustellungsbevollmächtigte im Inland ist die B. benannt. Bei D. handelt es sich um einen früheren Steuerberater, dessen Bestellung im Jahr 2000 gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls widerrufen wurde. Der Widerruf ist rechtskräftig. Die E. ist nicht als Steuerberaterin bestellt.
Die Antragstellerin zu 1) wurde bereits in mehreren Verfahren sowohl vom beschließenden Senat als auch von anderen Senaten des FG Köln wegen des Auftretens von D. als Bevollmächtigter zurückgewiesen. Mit Einspruch aus Mai 2014 hatte die Antragstellerin zu 1) gegenüber dem Finanzamt u.a. die gegen die Antragstellerin zu 2) ergangenen Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2012 sowie über Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag ab 2013 angefochten und deren Aussetzung der Vollziehung beantragt.
Mit den vorliegend streitgegenständlichen Bescheiden wies das Finanzamt die Antragstellerin zu 1) als Bevollmächtigte der Antragstellerin zu 2) auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 AO zurück, da die Antragstellerin zu 1) geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt gewesen zu sein. Das FG lehnte den Antrag, die angefochtenen Bescheide von der Vollziehung auszusetzen, wegen Unzulässigkeit ab.
Die Gründe:
Die Zugangsvoraussetzungen für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Gericht waren nicht erfüllt. Die Antragstellerinnen hatten es versäumt, zuvor einen Aussetzungsantrag beim Finanzamt zu stellten, der von diesem abgelehnt worden wäre.
Der Antrag war auch nicht ausnahmsweise gem. § 69 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 FGO zulässig, weil keine "Vollstreckung drohte". Der beschließende Senat folgte dabei dem 14. Senat darin, dass mit dem Begriff der "Vollstreckung" i.S.d. § 69 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 FGO die Verwaltungsvollstreckung gemeint ist, d.h. die zwangsweise Durchsetzung verwaltungsrechtlicher Ansprüche durch die Behörde. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut sowie dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Begriff der Vollstreckung im Rahmen derselben rechtlichen Regelung in einen Gegensatz zur "Vollziehung" gestellt hat. Da die Zurückweisungsverfügung hier weder auf eine Geldleistung gerichtet war noch auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung, beachtete das Finanzamt zwar die Zurückweisungsverfügung durch das Ignorieren der Antragstellerin zu 1) als Bevollmächtigte, es vollstreckte die Zurückweisungsverfügung aber nicht.
Das Gericht folgte dabei nicht dem 9. Senat, der sich im Beschluss vom 19.9.2014 (Az.: 9 V 2144/14) durch § 69 Abs. 4 FGO nicht an einer gerichtlichen Aussetzungsverfügung gehindert gesehen hatte, weil die Zurückweisungsverfügung bereits durch Mitteilung an die Vertretene vollzogen werde, der Antragsgegner also die Wirkung des § 80 Abs. 8 S. 2 AO bereits herbeigeführt habe und die Antragstellerin zu 1) zudem den Verlust des Mandats befürchten müsse. Wollte man in der Mitteilung an die Vertretene eine Vollziehung der angefochtenen Zurückweisungsverfügung sehen, so wäre die Vollziehung bereits eingetreten mit der Folge, dass die Antragstellerinnen einstweiligen Rechtsschutz über einen Antrag auf "Aufhebung der Vollziehung" erreichen könnten, dessen Zulässigkeit ebenfalls davon abhängig wäre, dass das Finanzamt zuvor einen bei ihm gestellten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung abgelehnt hatte.
So sehr die Zweifel des 9. Senat an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Zurückweisungsverfügung berechtigt sein mögen, sind diese Gedanken nicht geeignet, die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO auszuhebeln. Auch der nach Auffassung des 9. Senat zu besorgende Verlust des Mandats war hier keine rechtliche Kategorie, die geeignet wäre, die vom Gesetzgeber bewusst gesetzte Zulässigkeitsbeschränkung des § 69 Abs. 4 FGO einschränkend auszulegen. Die Antragstellerin zu 1) hatte schließlich hinreichend Zeit und Gelegenheit, einen entsprechenden Antrag auf Aufhebung der Vollziehung beim Antragsgegner anzubringen. Das ständige und bewusste Ignorieren gesetzlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch die Antragstellerin zu 1) fiel ausschließlich in deren Verantwortungsbereich.
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