12.06.2023

Verdeckte Einlage durch Zuwendung eines Anspruchs auf bereits aufgelaufene Zinsen an Tochtergesellschaft

Werden durch Wertpapierdarlehen zwischen einer Mutter- und ihrer Tochtergesellschaft Ansprüche auf bereits aufgelaufene Zinsen aus den überlassenen verzinslichen Wertpapieren unter Verzicht auf die Vereinbarung von Kompensationszahlungen auf die Tochtergesellschaft übertragen, liegt darin eine verdeckte Einlage.

Kurzbesprechung
BFH v. 15.3.2023 - I R 24/20

KStG § 8 Abs 1, § 8 Abs 3 S 3
EStG § 6 Abs 6 S 2


Die Steuerpflichtige ist die Konzernmutter des A Konzerns. Sie war zu 100 % an einer GmbH beteiligt, die ein Vorteils- und Kundenbindungsprogramm entwickelte und betrieb. Zwischen beiden Gesellschaften bestand kein Organschaftsverhältnis. Die Geschäftstätigkeit der GmbH wurde zum 31.12.2009 eingestellt. Sie verfügte über erhebliche Verlustvorträge, während die Steuerpflichtige erhebliche operative Gewinne erzielte. Es war seinerzeit absehbar, dass die GmbH die durch eigenes operatives Geschäft aufgebauten Verlustvorträge nicht mehr mittelfristig durch eigene Gewinne würde ausgleichen können.

Um die Verluste der GmbH steuerlich geltend machen zu können, schloss die Steuerpflichtige zunächst mit der G Bank Wertpapierpensionsgeschäfte und sodann über dieselben Wertpapiere mit der GmbH Wertpapierdarlehensgeschäfte ab.

In der Körperschaftsteuerklärung der GmbH wurden die von den Emittenten der jeweiligen Wertpapiere bezogenen Zinsen als Betriebseinnahmen erfasst und in der Sache unmittelbar und vollständig mit den festgestellten Verlustvorträgen verrechnet. Darüber hinaus wurden die Zinseinnahmen im Rahmen der Regelung zur Mindestbesteuerung zu 60 % mit Verlustvorträgen entsprechend den Vorgaben des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verrechnet, was zu einem Abbau der seinerzeit bestehenden Verlustvorträge auf der Ebene der GmbH führte.

Das FA vertrat dagegen die Auffassung, die Steuerpflichtige habe aufgrund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte mit der GmbH dieser einlagefähige Vermögensgegenstände aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet und es lägen daher steuerlich verdeckte Einlagen vor. Entsprechend erhöhte es das zu versteuernde Einkommen der Steuerpflichtigen wegen verdeckter Einlagen. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Auch der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die eingelegte Revision der Steuerpflichtigen als unbegründet zurück.

Er entschied, dass die durch die Steuerpflichtige an die GmbH unter Verzicht auf Kompensationszahlungen vorgenommene Zuwendung eines Anspruchs auf die im Einlagezeitpunkt bereits aufgelaufenen Zinsen aus den festverzinslichen Wertpapieren eine verdeckte Einlage darstellt.

Die Zinsansprüche sind unabhängig von ihrer Fälligkeit zu bilanzieren, soweit sie für einen Zeitraum geschuldet werden, der vor dem Stichtag der Bilanz liegt. Insoweit kommt es bei der verdeckten Einlage auch nicht auf den satzungsmäßigen Bilanzstichtag, sondern auf die Bilanzierungsfähigkeit des zugewendeten Vermögensvorteils im Zeitpunkt der Zuwendung an. In diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits ein Zinsanspruch vor.

Da die GmbH nicht zu Gegenleistungen verpflichtet war, wendete die Steuerpflichtige ihr den angesprochenen Vermögensvorteil in Form bereits aufgelaufener Zinsansprüche ohne wertadäquate Gegenleistung zu. Der Verzicht der Steuerpflichtigen auf die Vereinbarung von Gegenleistungen in Form von Kompensationszahlungen war auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da der GmbH auf diese Weise ermöglicht werden sollte, ihre Verlustvorträge steuerlich zu nutzen.

Die Bewertung der verdeckten Einlage erfolgt mit dem Teilwert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG).
Verlag Dr. Otto Schmidt
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