05.05.2020

Verfahren bei der gesonderten Feststellung eines Bedarfswerts für die Erbschaftsteuer gemäß § 151 BewG

Aus dem Wortlaut des § 151 Abs. 1 S. 1 BewG ergibt sich nicht, dass das den Bedarfswert anfordernde Finanzamt auch die Entscheidung darüber zu treffen hat, nach welcher Nummer des § 151 Abs. 1 S. 1 BewG die angeforderte Feststellung vorzunehmen ist. Nimmt das Feststellungsfinanzamt eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 BewG Nr. 4 vor, obwohl das anfordernde Finanzamt eine Feststellung nach Nr. 2 der Vorschrift angefordert hatte, ist die Feststellung daher trotz der Abweichung nicht rechtswidrig.

FG Münster v. 27.2.2020 - 3 K 3593/16 F
Der Sachverhalt:
Streitig war, ob das Vermögen einer Stiftung & Co. KG Betriebsvermögen im Sinne des § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG darstellt. Die Kläger waren im Wege der Sondererbfolge als Kommanditisten in die KG eingetreten.

Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt forderte beim beklagten Feststellungsfinanzamt u.a. die gesonderte Feststellung des Werts des hinsichtlich des im Erbwege übergegangenen Anteils am Betriebsvermögen an. Streitig war sodann, ob der diesbezgl. ergangene Bescheid des Feststellungsfinanzamts rechtswidrig oder gar nichtig sei, weil das beklagte Feststellungsfinanzamt die Feststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG getroffen hatte, obwohl das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG angefordert hatte.

Ferner war streitig, ob die KG eine gewerblich geprägte Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG darstellt.

Das FG hat die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete Klage abgewiesen. Die Revision wurde zugelassen.

Die Gründe:
Das beklagte Feststellungsfinanzamt hat hinsichtlich des im Erbwege übergegangenen Anteils an der Stiftung & Co. KG zu Recht eine Feststellung gemäß § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG für Anteile an Vermögensgegenständen und Schulden vorgenommen. Der Bescheid ist nicht deshalb rechtswidrig, weil das beklagte Feststellungsfinanzamt eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG vorgenommen hat, obwohl das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG für Betriebsvermögen angefordert hatte.

Nach § 151 Abs. 1 S. 1 BewG hat das jeweilige Lage-, Betriebsstätten- oder Verwaltungsfinanzamt die in Nr. 1 bis 4 genannten Feststellungen zu treffen, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung trifft gemäß § 151 Abs. 1 S. 2 BewG das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder - soweit Feststellungen auf der nächsten Ebene betroffen sind - das für die Feststellung nach Satz 1 Nr. 2 bis 4 zuständige Finanzamt.

§ 151 Abs. 1 S. 2 BewG weist danach dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Entscheidungsbefugnis darüber zu, ob überhaupt eine gesonderte Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu erfolgen hat. Das Finanzamt äußert diese Entscheidung dadurch, dass es beim Lage-, Betriebsstätten- oder Verwaltungsfinanzamt die Feststellung eines Bedarfswerts für Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerzwecke bezüglich eines bestimmten Vermögensübergangs anfordert. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich dagegen nicht, dass das den Bedarfswert anfordernde Finanzamt auch die Entscheidung darüber zu treffen hat, nach welcher Vorschrift des § 151 Abs. 1 S. 1 BewG die angeforderte Feststellung vorzunehmen ist, mit der Folge, dass eine vom für die Feststellung zuständigen Finanzamt abweichend davon vorgenommene Feststellung rechtswidrig wäre. Eine derartige einschränkende Auslegung des § 151 Abs. 1 S. 2 BewG ist auch durch den Sinn und Zweck der Regelung nicht geboten.

Die KG ist entgegen der Einschätzung der Kläger auch keine gewerblich geprägte Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Diese Vorschrift kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Komplementärin der KG keine Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) sondern eine rechtsfähige Stiftung und damit eine Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG ist.
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