02.06.2017

Verkauf von Backwaren in Festzelten durch sog. Brezenläufer kann dem Regelsteuersatz unterliegen

Der Verkauf von Backwaren in Festzelten durch sog. Brezenläufer unterliegt dem Regelsteuersatz, sofern sich der Verkäufer die Nutzungsmöglichkeit der Festzelte gegen Entgelt einräumen lässt, da ihm dann die Verzehrvorrichtungen der Bierzeltbetreiber zuzurechnen sind. Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke stellt keine unbeachtliche Leistung eines Dritten dar.

FG München 22.2.2017, 3 K 2670/14
Der Sachverhalt:
Streitig war, ob Umsätze aus dem Verkauf von Gebäck in Festzelten auf dem Oktoberfest dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2013 war das Finanzamt der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Umsätze aus dem Verkauf von Gebäck durch Brezenläufer dem Regelsteuersatz unterlägen, da der Klägerin eine die Bewirtung fördernde, von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur (Zelt mit Biertischgarnituren, Musik) zuzurechnen sei.

Die Klägerin hielt dagegen, dass sie hinsichtlich des Backwarenverkaufs in Konkurrenz zu den Festwirten stehe und auch die Brezenverkäufer aufgrund ihrer einheitlichen Kleidung als ihre Angestellten erkennbar seien. Die von den Festwirten bereitgestellten Verzehrvorrichtungen seien für die von ihr erbrachte Leistung unbeachtlich, da sie unmittelbar und ausschließlich für deren eigene Kunden ohne Rücksicht auf sie, die Klägerin, zur Verfügung gestellt würden.

Das FG wies die gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2013 gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hatte gegenüber ihren Kunden eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung erbracht, da bei einer Gesamtbetrachtung die Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund standen. Die Klägerin hatte den Kunden nicht nur Backwaren (Brezen) verkauft, sondern diesen gegenüber auch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie die Backwaren durch ihre sog. Brezenläufer den Kunden an den Tisch gebracht sowie Tische und Sitzmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hatte, wo die Brezen verzehrt werden konnten.

Die in den Festzelten von den Festzeltbetreibern bereitgestellten Verzehrvorrichtungen (Biertische und Bierbänke) waren der Klägerin zuzurechnen, auch wenn sich diese nicht in ihrem Eigentum befanden. Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke stellte keine unbeachtliche Leistung eines Dritten dar, denn die Klägerin hatte sich in den jeweiligen Verträgen mit den Festzeltbetreibern das Recht zum Verkauf in diesen Festzelten und damit die Nutzungsmöglichkeit der dort von den Festwirten bereitgehaltenen Verzehrmöglichkeiten gegen Entgelt einräumen lassen.

Die Klägerin hatte damit auch das Recht erworben, die in den jeweiligen Festzelten aufgestellten Bierbänke und -tische insgesamt durch ihre Kunden nutzen zu lassen. Die Zurverfügungstellung dieser Verzehrvorrichtungen war der Klägerin als eigene Dienstleistung zuzurechnen. Sie wurden anders als etwa das Mobiliar in Kinos, mit der Bestimmung zur Verfügung gestellt, um den Kunden den Verzehr der von der Klägerin erworbenen Backwaren möglicherweise zu erleichtern.

Außerdem waren unter den genannten Umständen der Klägerin auch das Musikangebot in den Festzelten sowie der eventähnliche Charakter als zusätzliche Dienstleistungen zuzurechnen. Schließlich stellte sich der Brezenverkauf aus Sicht der Verbraucher auch als eine Ergänzung des Getränke-und Speiseangebots der Festzeltbetreiber dar. Aufgrund dieser der Klägerin zuzurechnenden Dienstleistungen (Verzehrvorrichtungen, Serviceleistung, Musikangebot) trat der Dienstleistungscharakter aus Sicht des Verbrauchers in den Vordergrund.

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