Verkehrswertnachweis nur durch Gutachten öffentlich bestellter Sachverständiger
FG Berlin-Brandenburg 17.1.2018, 3 K 3178/17Am 1.3.2016 übertrug die bisherige Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück schenkweise an die Kläger zu verschiedenen Anteilen. Das Finanzamt stellte den Grundbesitzwert auf den 1.3.2016 für Zwecke der Schenkungsteuer vom 16.12.2016 jeweils auf 456.578 € (und jeweils den betreffenden Anteil des jeweiligen Klägers) fest. Es berechnete diesen nach den Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses. Hiergegen legten die Kläger am 2.1.2017 Einspruch ein. Das Finanzamt präzisierte seine Berechnung der Bruttogrundfläche, was zu einem Grundbesitzwert von 440.100 € geführt hätte, führte aus, dass die Bewertungsmethode vom Gesetz vorgegeben sei, und stellte anheim, ein Verkehrswertgutachten vorzulegen.
Am 9.5.2017 legten die Kläger das Gutachten eines Sachverständigen vor, das zu einem Verkehrswert auf den 1.3.2016 i.H.v. 330.000 € gelangte (gewichtet nach dem Sachwertverfahren zu 332.000 € und dem Ertragswertverfahren zu 327.000 €). Der Sachverständige ist seit 1987 als Architekt bei der Architektenkammer registriert. Er besitzt seit 2000 ein Zertifikat als Sachverständiger für Wertermittlung und Baukostenplanung nach Teilnahme an der Fachfortbildung "Wertermittlung und Baukostenplanung" und bestandener Abschlussprüfung.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (Beliehene gem. § 1 Abs. 1 AkkStelleGBV) bestätigte mit Akkreditierung aus April 2017, dass die Zertifizierungsstelle die Kompetenz nach DIN EN ISO/IEC 17024:2012 besitzt, Zertifizierungen von Personen u.a. in den Bereichen Sachverständige für Immobilienbewertung - Marktwertermittlung für alle Immobilienarten und von Standardimmobilien durchzuführen. Dennoch bemängelte das Finanzamt die vom Gutachter vorgenommene Bodenwertreduzierung. Es wies u.a. darauf hin, dass das Gutachten vor Gericht möglicherweise keinen Bestand haben könnte, weil es sich nicht um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handele. Trotz alledem setzte es den Grundstückswert jeweils auf 373.000 € herab und wies den jeweiligen Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: II R 9/18 anhängig.
Die Gründe:
Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewG) ist den Klägern nicht gelungen. Denn das Gutachten des Sachverständigen ist mangels dessen persönlicher Qualifikation (kein öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter) nicht geeignet.
Nur bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hat eine neutrale Stelle deren Kompetenz geprüft, und nur diese machen sich aufgrund ihrer Vereidigung bei vorsätzlich oder fahrlässig falschen Gutachten wegen Meineid oder fahrlässigem Falscheid strafbar. Eine Zertifizierung durch eine private Organisation bürgt nicht in gleicher Weise für die Fachkompetenz, da der Standard einer solchen Organisation für die Gerichte nicht ohne weiteres ersichtlich und überprüfbar ist. Zwar gibt es inzwischen das Institut der Zertifizierung gemäß AkkStelleG und der Verordnung über die Beleihung der Akkreditierungsstelle nach AkkStelleGBV. Danach überprüft und zertifiziert die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH sog. "Konformitätsbewertungsstellen", also auch andere Institutionen, die dann ihrerseits Sachverständige zertifizieren können, und arbeitet dabei hoheitlich als Beliehene.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH ist demnach zwar Beliehene, aber nur im Umfang ihres Aufgabenbereichs. Ihre Befugnisse beschränken sich daher auf den Bereich Warenverkehr und die Konformität von Produkten zum Zwecke des freien Warenverkehrs in der EU. In diesem Bereich tritt ihre Akkreditierung neben die Bestellung der (herkömmlichen) öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, nicht jedoch in anderen Bereichen. Die Verkehrswertbegutachtung von Grundstücken (Immobilien) betrifft jedoch nicht den freien Warenverkehr in der EU. Es geht nicht um die Sicherstellung, dass in der Union in den Verkehr gebrachte Produkte mit bestimmten technischen Anforderungen konform gehen und für die Prüfung der Konformität mit EU-Rechtsvorschriften unionsweit die gleichen Maßstäbe angelegt werden, auch hinsichtlich der Prüferinnen und Prüfer, die die Konformität bescheinigen.
Es erscheint klärungsbedürftig und klärungswürdig, ob Verkehrswertgutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gem. § 198 BewG auch von Sachverständigen erstellt werden können, die (direkt oder indirekt) von der Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH zertifiziert wurden, oder ob (weiterhin) nur Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zugelassen werden.
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