07.02.2018

Verlängerte Festsetzungsfrist auch bei Steuerhinterziehung durch Miterben

Die Festsetzungsfrist aufgrund einer Steuerhinterziehung verlängert sich bei einem Erbfall auch dann, wenn der demenzerkrankte Erblasser ausländische Kapitaleinkünfte nicht erklärt, jedoch ein Miterbe von der Verkürzung der Einkommensteuer wusste und selbst eine Steuerhinterziehung begeht. Die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre wirkt dabei auch zu Lasten des Miterben, der von der Steuerhinterziehung keine Kenntnis hat.

BFH 29.8.2017, VIII R 32/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war gemeinsam mit ihrer Schwester Erbin ihrer verstorbenen Mutter. Die Erblasserin hatte in den Jahren 1993 bis 1999 Kapitaleinkünfte im Ausland erzielt, die sie nicht in ihren Einkommensteuererklärungen angegeben hatte. Seit 1995 war sie aufgrund einer Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage, wirksame Einkommensteuererklärungen abzugeben.

Die Steuererklärungen der Erblasserin waren unter Beteiligung der Schwester der Klägerin (Miterbin) erstellt worden. Dieser war spätestens ab Eintritt des Erbfalls bekannt, dass die Mutter (Erblasserin) ihre Kapitaleinkünfte in den Einkommensteuererklärungen zu niedrig angegeben hatte. Das Finanzamt erließ gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Erblasserin geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es die Steuer für die nicht erklärten Zinsen nachforderte.

Das FG gab der Klage für die Streitjahre 1993 bis 1996 teilweise statt und wies sie für die Streitjahre 1991 und 1997 bis 1999 zurück. In der Folge erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1995 und 1996. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Erblasserin die hinterzogene Einkommensteuer schuldet und das Finanzamt zur Korrektur der Bescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt war.

Die Erben "erben" als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers gem. § 1922 Abs. 1 BGB auch dessen Steuerschulden; denn gem. § 1967 BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten. Dies gilt gem. § 45 Abs. 1 S. 1 AO auch für die Steuerschulden. Auf die Kenntnis von der objektiven Steuerverkürzung des Erblassers kommt es nicht an, sondern nur auf die Höhe der entstandenen Steuerschuld. Mehrere Erben haften als Gesamtschuldner. Dies bedeutet, dass das Finanzamt im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens jeden Erben für die gesamte Steuerschuld des Erblassers in Anspruch nehmen kann.

War der Erblasser zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung aufgrund einer Demenzerkrankung geschäftsunfähig i.S.d. § 104 Nr. 2 BGB, ist seine Steuererklärung zwar unwirksam. Dies hat auf die Höhe der gesetzlich entstandenen Steuer jedoch keine Auswirkung. Erfährt ein Erbe vor oder nach dem Erbfall, dass die Steuern des Erblassers zu niedrig festgesetzt wurden, ist er auch in diesem Fall nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO verpflichtet, die (unwirksame) Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen. Unterlässt er dies, begeht er eine Steuerhinterziehung.

Diese Steuerhinterziehung führt dazu, dass sich bei allen Miterben die Festsetzungsfrist für die verkürzte Steuer nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf zehn Jahre verlängert. Dies trifft auch den Miterben, der weder selbst eine Steuerhinterziehung begangen hat noch von dieser wusste.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 7 vom 7.2.2018
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