31.03.2016

Verluste aus der Veräußerung von unentgeltlich erworbenen Kapitalgesellschaftsanteilen sind grundsätzlich berücksichtigungsfähig

Ein Verlust aus der Veräußerung eines unentgeltlich erworbenen Anteils an einer Kapitalgesellschaft - § 17 Abs. 2 S. 5 EStG - ist steuerlich zu berücksichtigen, sofern der Rechtsvorgänger den Anteil mit Einkünfteerzielungsabsicht erworben und gehalten hat. Diese unentgeltliche Übertragung stellt keinen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO dar.

FG Hamburg 25.11.2015, 2 K 258/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hat bereits wenige Tage, nachdem er den Anteil am Stammkapital einer GmbH mit notariellem Schenkungs- und Übertragungsvertrag übertragen bekommen hatte, diesen Anteil an eine Kapitalgesellschaft veräußert, deren Alleingesellschafter er selbst war. Später machte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2010 die Differenz zwischen dem geringen Veräußerungserlös und den sehr hohen Anschaffungskosten desjenigen, von dem er den Anteil übertragen erhalten hatte, als Veräußerungsverlust i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG geltend.

Das Finanzamt kündigte an, den geltend gemachten Verlust nicht berücksichtigen zu wollen. Es verneinte die insoweit vorauszusetzende Unentgeltlichkeit der ersten Übertragung sowie die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Außerdem wendete das Finanzamt ein, der geltend gemachte Veräußerungsverlust sei jedenfalls wegen eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO) nicht anzuerkennen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Die von der Finanzverwaltung eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az. IX R 1/16 geführt.

Die Gründe:
Der Bescheid ist antragsgemäß zu ändern und die Einkommensteuer auf 0 € festzusetzen.

Hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Schenkung vorgelegen hatte, war maßgeblich auf den notariellen Schenkungs- und Übertragungsvertrag abzustellen. Ihm kam aufgrund der Warn- und Beweisfunktion der Beurkundung ein hoher Beweiswert zu und er widerlegte an sich schon die Vermutung, dass sich fremde Dritte nichts schenken.

Die Frage, ob nicht nur beim Rechtsvorgänger, sondern auch beim unentgeltlichen Erwerber eine Einkünfteerzielungsabsicht verlangt werden muss, konnte offen bleiben, weil diese Absicht beim Kläger jedenfalls vorhanden war. Bei der für diese Feststellung vorgenommenen Totalgewinnprognose des Klägers konnten die Anschaffungskosten seines Rechtsvorgängers unberücksichtigt bleiben. Es stellt nach vorhandener Rechtsprechung keinen Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO dar, wenn ein Gesellschaftsanteil unentgeltlich übertragen wurde, um dem Erwerber zu ermöglichen, den infolge der Zurechnung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers entstehenden Veräußerungsverlust zum Verlustausgleich bei seiner eigenen Einkommensteuerveranlagung zu nutzen.

Allerdings war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob bei unentgeltlichen Erwerben von Anteilen i.S.v. § 17 EStG mit anschließenden Veräußerungsverlusten bei der Einkünfteerzielungsabsicht des Rechtsnachfolgers im Rahmen der Totalgewinnprognose die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers zu berücksichtigen sind.

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