04.08.2016

Verpachtung einer Sportanlage als einheitliche Vermietungsleistung

Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers ihre Selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges "Drittes" bilden oder wenn es sich um eine Haupt- und eine Nebenleistung handelt. Die Mietdauer ist aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein geeignetes Kriterium, um eine selbständige Vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen Leistung abzugrenzen.

FG Düsseldorf 8.7.2016, 1 K 1397/13 U
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH und wurde 2006 gegründet. Ihr Gesellschaftszweck ist der Bau, der Betrieb und die Unterhaltung von Sport- und Freizeitanlagen. Alleiniger Gesellschafter war bis März 2007 der B e.V.‑Verein‑, seitdem sind der Verein und der Förderverein C e.V. je zur Hälfte an der Klägerin beteiligt. Vor Gründung der Klägerin hatten der Verein und die Gemeinde eine Rahmenvereinbarung "zur Erreichung des gemeinsamen Ziels, in der Gemeinde eine neue Sportanlage zu errichten und zu unterhalten" abgeschlossen. Im Mai 2006 folgten drei weitere Verträge: ein Sportanlagen-Fördervertrag (Gemeinde - Verein), ein Sportanlagen Überlassungs-, Nutzungs- und Pflegevertrag (Gemeinde - Klägerin) sowie ein Sportanlagen Pacht-, Nutzungs- und Pflegevertrag mi einer weiteren Gemeinde (Gemeinde - Klägerin). Die Vertragspartner waren sich darüber einig, dass diese vertraglichen Regelungen im Kontext zu sehen und zu behandeln seien.

Die Baumaßnahmen begannen im Jahr 2006. Fertiggestellt wurde die Sportanlage im Mai 2007. Sie besteht neben den Außenanlagen - Kunstrasen- und Naturrasenplatz, Leichtathletikwettkampfanlage mit integrierten Beachvolleyball- und Basketballfeldern - aus einem Gebäude, in dem sich ein Gaststättenbereich mit Außenterrasse befindet, sowie Umkleide-, Trainer- und Mannschaftsräume, Büroräume und ein Technikraum. Die Gemeinde zahlte einen Investitionszuschuss i.H.v. 625.000 € entsprechend dem Baufortschritt der Anlage an die Klägerin im Jahr 2006 aus. Die Klägerin war verpflichtet, dem Verein die gesamte Sportanlage auf die Dauer von 25 Jahren zu überlassen.

Im August 2009 ordnete das Finanzamt die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin und dem Verein an. Danach wandte sich die Klägerin gegen die Aufteilung der Vermietung der Sportanlage in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei der Ermittlung des Entgelts für letztere, gegen die aus der Aufteilung folgende Kürzung des Vorsteuerabzugs für die in Zusammenhang mit der steuerfreien Grundstücksvermietung stehenden Aufwendungen und gegen die Anwendung des § 15a UStG für entsprechende Aufwendungen aus dem Vorjahr.

Das FG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2007 bis 2011 sind herabzusetzen.

Die Klägerin war im gesamten Streitzeitraum Unternehmer und selbständiges Steuersubjekt der Umsatzsteuer. Eine umsatzsteuerliche Organschaft mit dem Verein bestand nicht. Die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung der Klägerin in den Verein waren nicht erfüllt, weil der Verein keine Leistungen an die GmbH erbrachte. Die zum Betrieb der GmbH erforderlichen Betriebsgrundlagen, nämlich die Grundstücke, wurden der GmbH nicht vom Verein, sondern von der Gemeinde entgeltlich überlassen. Vielmehr erbrachte die Klägerin in erheblichem Umfang Leistungen an den Verein, indem sie dem Verein die von ihr errichtete Sportanlage entgeltlich zur Verfügung stellte. Mangels Organschaft war die Vorsteuerkürzungen für die Errichtung der Sportanlage, soweit sie auf der Zurechnung der Besteuerungsgrundlagen zum Verein im Jahr 2007 beruhten, zu Unrecht erfolgt.

Die Klägerin erbrachte mit der Verpachtung der Sportanlage an den Verein eine einheitliche Vermietungsleistung, die in die Überlassung eines Grundstücks und in die Überlassung von Betriebsvorrichtungen (als unselbständige Nebenleistung) aufzuteilen war. Die Verpachtung war nicht als zwei selbständige Leistungen zu qualifizieren. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers ihre Selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges "Drittes" bilden oder wenn es sich um eine Haupt- und eine Nebenleistung handelt. Die einheitliche Vermietungsleistung der Klägerin bestand aus einer Grundstücksüberlassung und einer Überlassung von Betriebsvorrichtungen. Die Klägerin war verpflichtet, dem Verein die gesamte Sportanlage auf die Dauer von 25 Jahren und damit langfristig zu überlassen. Die Mietdauer ist aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ein geeignetes Kriterium, um eine selbständige Vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen Leistung abzugrenzen.

Die infolge des Verzichts auf die Steuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1, § 4 Nr. 12 S. 1a UStG in vollem Umfang steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin aus der Verpachtung der Sportanlage an den Verein waren nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG, sondern nach dem Entgelt i.S.d. § 10 Abs. 1 UStG zu bemessen. Der Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten der Sportanlage war ungekürzt zu gewähren, weil die Vermietung der Sportanlage für beide Bereiche (Grundstücksüberlassung und Überlassung der Betriebsvorrichtung) steuerpflichtig war und Klägerin die Aufwendungen für die Herstellung der Sportanlage zur Erzielung dieser steuerpflichtigen Umsätze verwendet hatte. Entsprechendes galt für die laufenden Unterhaltungskosten der Sportanlage. Anhaltspunkte dafür, dass die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG nicht erfüllt waren, lagen nicht vor. Der Vorsteuerabzug für die Errichtung der Sportanlage im Jahr 2006 war in den Streitjahren nicht gem. § 15a UStG zu berichtigen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
  • Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
FG Düsseldorf online
Zurück