Verpflichtung zur Einwilligung in eine gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer auch nach Trennung
OLG Koblenz v. 12.6.2019 - 13 UF 617/18
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind seit Juni 2016 getrennt lebende Eheleute. Während des Zusammenlebens hatten sie vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Ende 2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von rund 2.796 € in Anspruch genommen. Für das Jahr 2014 war zuvor ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen. Dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182 € mit einer verbleibenden Forderung von 0 €.
Der Antragsteller hat vor dem Familiengericht die Auffassung vertreten, er sei für den Veranlagungszeitraum 2014 zu einer Nachzahlung von 966 € verpflichtet worden. Hiervon wie auch von der den Veranlagungszeitraum 2015 betreffenden Nachzahlung schulde die Antragsgegnerin ihm als Gesamtschuldnerin der Steuerschuld und ungeachtet dessen auch im Wege des Schadenersatzes hälftigen Ausgleich. Er sei den festgesetzten Zahlungsverpflichtungen nachgekommen. Da die Antragsgegnerin sich einer gemeinsamen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 entgegen ihrer als Ehegattin nach § 1353 Abs. 1 BGB bestehenden Verpflichtung widersetzt und durch ihre Einzelveranlagung Steuererstattungen erhalten habe, sei es zu den vorgenannten Nachzahlungsverpflichtungen gekommen.
Das Familiengericht hat den Antrag abgewiesen. Es war der Ansicht, eine Verpflichtung, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen sei zumindest für den Fall zu verneinen, wenn dem auf Zustimmung in Anspruch genommenen Ehepartner im Gegenzug ein Ausgleichsanspruch entstünde, weil sein Einkommen durch die gemeinsame Veranlagung nach einer Lohnsteuerklasse besteuert würde, die sich im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstiger auswirkt (sog. dolo agit-Einwand: Arglistig handelt, wer etwas verlangt, das er augenblicklich zurückgeben muss). Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss teilweise abgeändert.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht lediglich Ersatz der hier zu einem Teil geltend gemachten Steuernachzahlung für den Veranlagungszeitraum 2015 zu. Für das Vorjahr ergibt sich hingegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin.
Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehepartner die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung der eigenen Interessen möglich ist. Ein Ehepartner ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert werden kann und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Das gilt auch bei getrenntlebenden Ehepartnern, wenn noch eine Zusammenveranlagung für die Zeit des Zusammenlebens verlangt wird.
Hingegen kann ein Ehepartner grundsätzlich nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Mehrbetrag ersetzt verlangen, den er zuvor nach der im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V mehr gezahlt hat. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehepartner gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrbelastungen auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich ein Ehepartner die Rückforderung der mit der Wahl der Steuerklasse V verbundenen steuerlichen Mehrbelastung für den Fall der Trennung vorbehalten will.
Eine solche Vereinbarung war im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Infolgedessen konnte die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von einem Ausgleich der im Fall der gemeinsamen Veranlagung bestehenbleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden.
OLG Koblenz Pressemitteilung vom 14.1.2020
Die Beteiligten sind seit Juni 2016 getrennt lebende Eheleute. Während des Zusammenlebens hatten sie vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Ende 2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von rund 2.796 € in Anspruch genommen. Für das Jahr 2014 war zuvor ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen. Dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182 € mit einer verbleibenden Forderung von 0 €.
Der Antragsteller hat vor dem Familiengericht die Auffassung vertreten, er sei für den Veranlagungszeitraum 2014 zu einer Nachzahlung von 966 € verpflichtet worden. Hiervon wie auch von der den Veranlagungszeitraum 2015 betreffenden Nachzahlung schulde die Antragsgegnerin ihm als Gesamtschuldnerin der Steuerschuld und ungeachtet dessen auch im Wege des Schadenersatzes hälftigen Ausgleich. Er sei den festgesetzten Zahlungsverpflichtungen nachgekommen. Da die Antragsgegnerin sich einer gemeinsamen Veranlagung für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 entgegen ihrer als Ehegattin nach § 1353 Abs. 1 BGB bestehenden Verpflichtung widersetzt und durch ihre Einzelveranlagung Steuererstattungen erhalten habe, sei es zu den vorgenannten Nachzahlungsverpflichtungen gekommen.
Das Familiengericht hat den Antrag abgewiesen. Es war der Ansicht, eine Verpflichtung, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen sei zumindest für den Fall zu verneinen, wenn dem auf Zustimmung in Anspruch genommenen Ehepartner im Gegenzug ein Ausgleichsanspruch entstünde, weil sein Einkommen durch die gemeinsame Veranlagung nach einer Lohnsteuerklasse besteuert würde, die sich im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstiger auswirkt (sog. dolo agit-Einwand: Arglistig handelt, wer etwas verlangt, das er augenblicklich zurückgeben muss). Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das OLG den Beschluss teilweise abgeändert.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht lediglich Ersatz der hier zu einem Teil geltend gemachten Steuernachzahlung für den Veranlagungszeitraum 2015 zu. Für das Vorjahr ergibt sich hingegen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin.
Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehepartner die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung der eigenen Interessen möglich ist. Ein Ehepartner ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert werden kann und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Das gilt auch bei getrenntlebenden Ehepartnern, wenn noch eine Zusammenveranlagung für die Zeit des Zusammenlebens verlangt wird.
Hingegen kann ein Ehepartner grundsätzlich nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Mehrbetrag ersetzt verlangen, den er zuvor nach der im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V mehr gezahlt hat. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehepartner gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrbelastungen auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich ein Ehepartner die Rückforderung der mit der Wahl der Steuerklasse V verbundenen steuerlichen Mehrbelastung für den Fall der Trennung vorbehalten will.
Eine solche Vereinbarung war im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Infolgedessen konnte die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von einem Ausgleich der im Fall der gemeinsamen Veranlagung bestehenbleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden.