Verpflichtungsklage auf Zustimmung zur Umsatzsteuerberichtigung nach Rechnungskorrektur im Insolvenzverfahren
FG Baden-Württemberg 11.12.2017, 9 K 2646/16Der Kläger ist der Insolvenzverwalter des X, über dessen Vermögen im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. X hatte mit Y eine Jahreskonditionsvereinbarung 2006 für ein bestimmtes von Y geliefertes Warenvolumen und einen bestimmten Gesamtumsatz in Europa geschlossen. In dieser Jahreskonditionsvereinbarung waren detaillierte Bonuszahlungen geregelt, über die X mit Hilfe eines Dienstleisters gegenüber Y abrechnete. Die in den einzelnen Abschlagsrechnungen bzw. in der Schlussrechnung des Jahres 2006 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von X in seiner Umsatzsteuererklärung 2006 angemeldet und von Y als Vorsteuer abgezogen.
Im März 2016 stornierte X die Rechnungen des Jahres 2006 für bestimmte Positionen. Die geänderten Rechnungen wurden an Y übergeben, der die aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandene Umsatzsteuernachforderung an das Finanzamt zahlte. Den Antrag des X auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung nach § 14c Abs. 2 S. 5 UStG lehnte das Finanzamt mit Verwaltungsakt vom 2.8.2016 ab. Es war der Auffassung, dass die Abrechnungen des X gegenüber Y keine Rechnungen i.S.v. § 14c UStG darstellten und daher auch keine Rechnungsberichtigung möglich sei. Es handele sich vielmehr um die Dokumentation von Entgeltsminderungen für die ursprünglichen Lieferungen von Y an X.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Sprungklage statt. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. XI R 5/18 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Zustimmung nach § 14c Abs. 2 S. 5 UStG zur Rechnungsberichtigung des Klägers zu Unrecht versagt.
Die berichtigten Abrechnungspapiere sind Rechnungen i.S.v. § 14c UStG, in denen X unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen hat (§ 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG). Die streitigen Abrechnungspapiere erfüllen den eingeschränkten Rechnungsbegriff i.S.d. § 14c UStG und sind daher berichtigungsfähig. Die Abrechnungen bezeichnen den Rechnungsaussteller X und den Leistungsempfänger Y, weisen die Umsatzsteuer gesondert aus und enthalten eine Leistungsbeschreibung. Die Abrechnungen enthalten einen unberechtigten Steuerausweis i.S.v. § 14c Abs. 2 S. 2 Alt. 2 UStG, soweit darin reine Preisnachlässe und damit Entgeltminderungen für die ursprüngliche Zahlung dokumentiert worden sind.
Anders als in den Abrechnungen des X über von ihm konkret durchgeführte Werbemaßnahmen, fehlt es bei den Preisnachlässen (Entgeltminderungen) an einer von X erbrachten Leistung. Die dadurch entstandene Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt worden, weil Y den aufgrund der Rechnungsberichtigung entstandenen Umsatzsteuer-Nachzahlungsbetrag geleistet hat. Darauf, dass X den vereinnahmten Mehrbetrag nicht an Y erstattet hat, kommt es vorliegend nicht an. Die Rückzahlung des von X vereinnahmten Mehrbetrags an Y ist wegen der Insolvenz des X keine Voraussetzung für die Zustimmungserteilung des Finanzamts, weil X diese Zahlung nicht rechtmäßig leisten kann.
Aufgrund der von Y zu viel gezahlten Umsatzsteuer ist X als Zahlungsempfänger einem Bereicherungsanspruch des Y ausgesetzt. Der Bereicherungsanspruch des Y war bereits durch die Rechnung mit unzutreffendem Umsatzsteuer-Ausweis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2012 materiell-rechtlich entstanden. Demzufolge ist der Bereicherungsanspruch des Y eine Insolvenzforderung. Eine individuelle Sicherstellung oder Befriedigung dieser Forderung außerhalb des Insolvenzverfahrens ist unzulässig. Folglich ist es dem Kläger rechtlich untersagt, den zu Unrecht vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse an Y zu erstatten. Dann kann eine solche - rechtswidrige - Zahlung nicht Voraussetzung zur Zustimmung des Finanzamts nach § 14c Abs. 2 S. 5 UStG sein.
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