Versäumung der Einspruchsfrist bei elektronischer Einspruchseinlegung über das ElsterOnline-Portal
FG Köln 25.7.2018, 3 K 2250/17Der Kläger erzielt Einkünfte aus einer nichtselbstständigen Tätigkeit im Webbereich. Hierbei ist er u.a. auch mit Online-Formularen betraut. Der Kläger erhielt für Forderungen aus Genussrechten eine Anleihe über 34,5 % seiner ursprünglichen Forderung und eine Auszahlung i.H.v. 23,3 %. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2015 machte er die übrigen 42,2% seiner Forderungen als Verlust bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Schon im Veranlagungsverfahren wies er darauf hin, dass beim BFH unter dem Az. VIII R 69/13 ein einschlägiges Verfahren anhängig sei. Er werde deshalb "Widerspruch" einlegen, sollten die Verluste aus den Genussrechten nicht anerkannt werden.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 19.12.2016 die Einkommenssteuer ohne Berücksichtigung von Verlusten aus den Genussrechten fest. Am 15.3.2017 ging auf dem Server der Finanzverwaltung ein über das Elster-Online-Portal erstellter Einspruch des Klägers gegen die vorgenannte Einkommensteuerfestsetzung ein. Dieser wurde damit begründet, dass die Verluste aus den Genussrechten nicht unberücksichtigt bleiben dürften und beim BFH das zuvor bereits bezeichnete Verfahren anhängig sei.
Am 20.3.2017 hielt das Finanzamt mit dem Kläger telefonische Rücksprache hinsichtlich des Einspruchs. Dabei erklärte der Kläger, er habe den Einspruch bereits im Dezember 2016 über das Elster-Online-Portal verfasst. Dabei habe er jedoch auf "Speichern" gedrückt, wobei ihm nicht bewusst gewesen sei, das "Speichern" nicht "an die Finanzverwaltung senden" bedeute. In der vergangenen Woche sei er dann durch das Onlineprogramm daran erinnert worden, dass sich noch ein Schreiben in der Ablage befinde. Daraufhin habe er den Einspruch unmittelbar versendet. Im Rahmen des Telefonats bat er, den Einspruch trotz allem als fristgerecht zu werten.
Mit Schreiben vom 27.3.2017 teilte das Finanzamt dem Kläger mit, dass der Einspruch unzulässig sei und bat um dessen Rücknahme. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil aus der Verwendung des Wortes "Speichern" im Online-Portal erkennbar gewesen sei, dass beim Wählen dieser Schaltfläche nur eine Speicherung der Daten, nicht aber eine Übermittlung der Daten an das Finanzamt erfolgen werde. Die fehlende rechtzeitige Übermittlung liege daher im Verschulden des Klägers.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Verfahren ist allerdings unter dem Az.: VIII B 124/18 beim BFH anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Einspruch des Klägers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Der Kläger hat hinsichtlich des von ihm eingelegten Einspruchs die Einspruchsfrist von einem Monat nach § 355 Abs. 1 S. 1 AO versäumt. Der Einspruch des Klägers war erst am 15.3.2018 und damit nach Ablauf der am 23.1.2017 endenden Einspruchsfrist beim Beklagten eingegangen. Insbesondere ist der Einspruch nicht dadurch eingelegt worden, dass der Kläger am 29.12.2016 im Elster-Online-Portal nach Ausfüllen des für den Einspruch vorgesehenen Formulars auf "Speichern" geklickt hat. Zwar ist grundsätzlich die Einlegung eines Einspruchs über das Portal Elster-Online möglich. Jedoch hat der Kläger innerhalb der Einspruchsfrist, insbes. am 29.12.2016, keine entsprechende Willenserklärung abgegeben.
Abgegeben ist eine Willenserklärung erst dann, wenn der Erklärende seinen Willen erkennbar so geäußert hat, dass an der Endgültigkeit der Äußerung kein Zweifel möglich ist. Bei einer empfangsbedürftigen schriftlichen Willenserklärung muss zu ihrer Wirksamkeit die Begebung hinzukommen, d.h. sie muss mit dem Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht worden sein. Im Streitfall fehlt es allerdings bis zum 15.3.2017 sowohl an der Erkennbarkeit der Willensäußerung des Klägers sowie an der Begebung der Willenserklärung. Dabei kann offen bleiben, ob die vom Kläger vorgetragene Schaltfläche "Speichern", die auf den Screenshots nicht zu sehen ist, am 29.12.2016 vorhanden war oder ob der Kläger auf "Speichern und Verlassen" gedrückt hat. Jedenfalls reicht die Nutzung einer mit "Speichern" oder "Speichern und Verlassen" gekennzeichneten Schaltfläche nicht aus, um für einen Dritten erkennbar eine Willensäußerung abzugeben und eine Willenserklärung in den Verkehr zu bringen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn daneben wie im Streitfall eine - wenn auch temporär ausgegraute - ausdrücklich mit "Versenden an das Finanzamt" bezeichnete Schaltfläche vorhanden war. Für einen objektiven Dritten ist es anhand des Klicks auf "Speichern" in dieser Konstellation nicht erkennbar, dass der Kläger mit dem Speichern eine Willensäußerung abgeben wollte. Dem Senat ist auch im Übrigen keine Verwendung des Wortes "Speichern" - etwa im anderweitigen Sprachgebrauch oder auf anderen Internet-Portalen - bekannt, in dem dieses in dem vom Kläger angenommenen Sinn für die Abgabe einer Willenserklärung benutzt wird. Der Kläger ist letztlich im Bereich von Webanwendungen beruflich tätig und verfügt daher über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Computern und Internetanwendungen, um sich mit den möglichen Schaltflächen und der Bedienung eines Online-Programms vertraut zu machen.
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