Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Zweitwohnung?
BFH v. 3.4.2019 - VI R 15/17
Der Sachverhalt:
Die Kläger unterhielten im Streitjahr 2012 in K. einen gemeinsamen Hausstand. Der Kläger war bis Ende des Jahres 2011 in B. nichtselbständig beschäftigt. Auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit wohnte er an seinem Beschäftigungsort in einer Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 85 qm, welche die Kläger als hälftige Miteigentümer im Jahr 2003 erworben hatten. Zur Finanzierung der Anschaffungskosten hatten sie gesamtschuldnerisch zwei (Fest-)Darlehen bei der Sparkasse aufgenommen, von denen das Darlehen Nr. X bis zum 30.11.2013 zurückzuzahlen war. Das Darlehen war nicht mit der Eigentumswohnung besichert.
Im November 2011 veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung in B. Der Veräußerungserlös floss den Klägern mit Wertstellung zum Januar 2012 zu; zeitnah fand die Wohnungsübergabe statt. Für die zum Erwerb der Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehen zahlten die Kläger für den Zeitraum vom 1. bis 5.1.2012 Schuldzinsen i.H.v. 37,16 € (Darlehensvertrag Nr. Y) sowie für den Zeitraum vom 1.1. bis 10.4.2012 i.H.v. 2.722 € (Darlehensvertrag Nr. X). Am 10.4.2012 leisteten sie für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens Nr. X eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 9.333 €.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, die entrichteten Schuldzinsen sowie die Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als notwendige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen unter Bezugnahme auf den hälftigen Miteigentumsanteil zu einer Quote von 60/85 i.H.v. 974 € als Werbungskosten an. Die Vorfälligkeitsentschädigung ließ es aber nicht zum Werbungskostenabzug zu.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Die Vorfälligkeitsentschädigung ließ es ebenfalls unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger blieb vor dem BFH ohne Erfolg.
Gründe:
Die streitige Vorfälligkeitsentschädigung war nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die wegen einer doppelten Haushaltsführung entstehen und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind, zählen insbesondere Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten, (zeitlich befristete) Verpflegungsmehraufwendungen und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Der BFH hat den Werbungskostenabzug einer Vorfälligkeitsentschädigung, die auf Grund der vorzeitigen Ablösung eines Darlehens anlässlich des Verkaufs einer bis dahin vermieteten Immobilie zu leisten war, abgelehnt. Soweit der Veräußerungsvorgang - etwa nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - steuerbar ist, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts einzustellen. Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht "ersatzweise" als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit - der Vermietung - geltend gemacht werden.
Entsprechendes gilt, wenn die Wohnung nicht als Einkunftsquelle im Rahmen des § 21 EStG zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung "beruflich" genutzt wurde. Auch hier wird durch die Beendigung der doppelten Haushaltsführung und die Veräußerung der Wohnung der ursprünglich in der "beruflichen" Nutzung der Immobilie wurzelnde Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgelöst und ein neuer - regelmäßig nicht steuerbarer - Veranlassungszusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft begründet.
Infolgedessen ist die Vorfälligkeitsentschädigung wegen des fehlenden Veranlassungszusammenhangs mit den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nicht bei diesem als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen. Die streitige Vorfälligkeitsentschädigung ist auf Grund der Veräußerung der Wohnung am Beschäftigungsort angefallen. Die Kläger hatten die Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Rückzahlung eines der Darlehen geleistet, mit dem sie die Anschaffungskosten dieser Wohnung finanzierten. Die Veräußerung der zu "beruflichen Zwecken" genutzten Wohnung am Beschäftigungsort stellte sich damit als das auslösende Moment für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung dar.
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Die Kläger unterhielten im Streitjahr 2012 in K. einen gemeinsamen Hausstand. Der Kläger war bis Ende des Jahres 2011 in B. nichtselbständig beschäftigt. Auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit wohnte er an seinem Beschäftigungsort in einer Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 85 qm, welche die Kläger als hälftige Miteigentümer im Jahr 2003 erworben hatten. Zur Finanzierung der Anschaffungskosten hatten sie gesamtschuldnerisch zwei (Fest-)Darlehen bei der Sparkasse aufgenommen, von denen das Darlehen Nr. X bis zum 30.11.2013 zurückzuzahlen war. Das Darlehen war nicht mit der Eigentumswohnung besichert.
Im November 2011 veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung in B. Der Veräußerungserlös floss den Klägern mit Wertstellung zum Januar 2012 zu; zeitnah fand die Wohnungsübergabe statt. Für die zum Erwerb der Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehen zahlten die Kläger für den Zeitraum vom 1. bis 5.1.2012 Schuldzinsen i.H.v. 37,16 € (Darlehensvertrag Nr. Y) sowie für den Zeitraum vom 1.1. bis 10.4.2012 i.H.v. 2.722 € (Darlehensvertrag Nr. X). Am 10.4.2012 leisteten sie für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens Nr. X eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 9.333 €.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, die entrichteten Schuldzinsen sowie die Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als notwendige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen unter Bezugnahme auf den hälftigen Miteigentumsanteil zu einer Quote von 60/85 i.H.v. 974 € als Werbungskosten an. Die Vorfälligkeitsentschädigung ließ es aber nicht zum Werbungskostenabzug zu.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Die Vorfälligkeitsentschädigung ließ es ebenfalls unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger blieb vor dem BFH ohne Erfolg.
Gründe:
Die streitige Vorfälligkeitsentschädigung war nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die wegen einer doppelten Haushaltsführung entstehen und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind, zählen insbesondere Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten, (zeitlich befristete) Verpflegungsmehraufwendungen und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Der BFH hat den Werbungskostenabzug einer Vorfälligkeitsentschädigung, die auf Grund der vorzeitigen Ablösung eines Darlehens anlässlich des Verkaufs einer bis dahin vermieteten Immobilie zu leisten war, abgelehnt. Soweit der Veräußerungsvorgang - etwa nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - steuerbar ist, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts einzustellen. Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nicht "ersatzweise" als Werbungskosten im Zusammenhang mit der bisherigen steuerbaren Tätigkeit - der Vermietung - geltend gemacht werden.
Entsprechendes gilt, wenn die Wohnung nicht als Einkunftsquelle im Rahmen des § 21 EStG zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung "beruflich" genutzt wurde. Auch hier wird durch die Beendigung der doppelten Haushaltsführung und die Veräußerung der Wohnung der ursprünglich in der "beruflichen" Nutzung der Immobilie wurzelnde Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgelöst und ein neuer - regelmäßig nicht steuerbarer - Veranlassungszusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft begründet.
Infolgedessen ist die Vorfälligkeitsentschädigung wegen des fehlenden Veranlassungszusammenhangs mit den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nicht bei diesem als Werbungskosten einkünftemindernd zu berücksichtigen. Die streitige Vorfälligkeitsentschädigung ist auf Grund der Veräußerung der Wohnung am Beschäftigungsort angefallen. Die Kläger hatten die Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Rückzahlung eines der Darlehen geleistet, mit dem sie die Anschaffungskosten dieser Wohnung finanzierten. Die Veräußerung der zu "beruflichen Zwecken" genutzten Wohnung am Beschäftigungsort stellte sich damit als das auslösende Moment für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung dar.
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- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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