27.07.2023

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

1. Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen (hier: Weihnachtsfeier), ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.
2. Der Vorsteuerabzug für sogenannte Aufmerksamkeiten (Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer und Kalenderjahr) richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers (Fortführung des BFH-Urteils vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53).
3. Die Kosten des äußeren Rahmens einer Betriebsveranstaltung sind jedenfalls dann in die Berechnung der 110 €-Freigrenze einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt.

Kurzbesprechung
BFH v. 10.5.2023 - V R 16/21

UStG § 3 Abs 9a Nr. 2, § 15 Abs 1 S 1 Nr. 1
EStG § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1a
EGRL 112/2006 Art 9 Abs 1, 112/2006 Art 16 UAbs 2, 112/2006 Art 168 Buchst a
FGO § 51 Abs 1
ZPO § 41 Nr. 6


Streitig war der Vorsteuerabzug des Steuerpflichtigen für eine von ihm im Jahr 2015 (Streitjahr) veranstaltete betriebliche Weihnachtsfeier. FA und nachfolgend das FG versagten den begehrten Vorsteuerabzug. Entsprechend entschied auch der BFH im Revisionsverfahren.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang (Zusammenhang) des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen, wobei wie folgt zu unterscheiden ist:
 
  • Besteht der erforderliche Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers, die steuerpflichtig sind (gleichgestellt: Umsätze im Sinne von § 15 Abs. 3 UStG), ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt.
  • Besteht dieser Zusammenhang demgegenüber nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a UStG (oder § 3 Abs. 1b UStG), besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug
  • Unterbleibt allerdings die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG im Hinblick auf sogenannte Aufmerksamkeiten, fehlt es an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten Ausgangsumsatz (Entnahme), so dass über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden ist.


Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen, ist er nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die bezogenen Leistungen nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Für den Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die hierfür bezogenen Leistungen ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Im Streitfall war die Weihnachtsfeier nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines "Kochevents", bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige "Teambuilding-Events" sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Die Teilnehmer arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, lernen sich dabei besser kennen und entwickeln so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann.

Obwohl der Steuerpflichtige nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wurde dieses Recht im Streitfall durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt. Außerdem stellten die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier auch keine "Aufmerksamkeiten" im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG dar.

Verlag Dr. Otto Schmidt
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