Vorsteueranspruch aus dem Erwerb der Berechtigung der Nutzung von Verkaufsflächen des Leistenden zur Vermarktung eigener Produkte
BFH v. 7.5.2020 - V R 22/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (e.G.) auf dem Gebiet der Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik tätig. Die Klägerin hat bundesweit Mitglieder. Zweck ihres Unternehmens ist die Förderung mittelständischer Einzelhandelsunternehmen der Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik sowie verwandter Geschäftsbereiche i.S.d. genossenschaftlichen Förderauftrags. Die Klägerin und ihre Mitglieder schließen eine "Vereinbarung über die Zusammenarbeit", die Regelungen sowohl für den Einkauf im Großhandelsgeschäft als auch im Zentralregulierungsgeschäft enthält. Daneben kann es eine Vielzahl einzelner und rechtlich in sich abgeschlossener Vertragsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Mitglied und der Klägerin geben.
Die Klägerin tritt gegenüber dem Mitglied sowohl als Großhändlerin als auch als Zentralreguliererin bei Warengeschäften zwischen dem Hersteller und dem Mitglied auf. Eine Verpflichtung des Mitglieds, nur Ware über die Klägerin zu beziehen, besteht nicht. Im Durchschnitt beziehen die Mitglieder ca. 84 % ihrer Waren über die Klägerin. Für den Geschäftsbereich der Einkaufs- und Zentralregulierung hat die Klägerin mit Warenherstellern Verträge über Verkaufsförderung, Vermittlung und Zentralregulierung abgeschlossen. Darin ist geregelt, dass die Klägerin im Auftrag des jeweiligen Herstellers bei ihren Mitgliedern verkaufsfördernde Maßnahmen für das jeweilige Programm des Herstellers durchführt. Dies erfolgt auf Grundlage von gesonderten Vereinbarungen. Des Weiteren übernimmt die Klägerin die Zentralregulierung, d.h. sie zieht die Forderungen des Herstellers gegenüber den Mitgliedern ein und begleicht die Forderungen gegenüber dem Hersteller.
Neben der Verkaufsförderung, der Vermittlung sowie der Zentralregulierung, für die die Klägerin Provisionen zzgl. Umsatzsteuer von den Herstellern erhält, gibt es das Konzept Y. Im Rahmen des Konzept Y fördert die Klägerin im Wege eines Zuschusses die Schaffung neuer Verkaufsflächen bei ihren Mitgliedern. Eine Förderung können nur Mitglieder für zusätzlich geschaffene Verkaufsflächen, die der Steigerung des Umsatzes mit von der Klägerin bezogenen Waren oder mit über die Zentralregulierung regulierten Einkäufen dienen, auf Antrag erhalten. Im November 2015 beantragte das Mitglied X GmbH & Co. KG (X) für die Eröffnung einer zusätzlichen Filiale einen Zuschuss nach dem Konzept Y. Dieser Antrag wurde nach Prüfung durch den Vorstand der Klägerin genehmigt und im April 2016 an X ein Zuschuss gezahlt. X stellte hierüber eine Rechnung an die Klägerin und wies Umsatzsteuer gesondert aus. Diese machte die Klägerin als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt behandelte die Zahlung der Klägerin nicht als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung, sondern als nicht steuerbaren Zuschuss und ließ die Vorsteuern nicht zum Abzug zu.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung der X hat. Verpflichtet sich X als Einzelhändler gegenüber der Klägerin gegen eine Zahlung, auf neu geschaffenen Verkaufsflächen von der Klägerin bezogene Produkte zum Verkauf anzubieten, liegt sowohl der für die Annahme eines Entgelts als auch der für den Vorsteuerabzug erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung (Bereitstellung der Verkaufsflächen) und der hierfür von der Klägerin geleisteten Zahlung vor.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Vorliegend hat die Auslegung der in den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihrem Mitglied im Rahmen eines Konzepts abgegebenen Willenserklärungen durch das FG ergeben, dass zwischen der Bereitstellung von Verkaufsflächen durch das Mitglied und der Zahlung durch die Klägerin der erforderliche unmittelbare Zusammenhang bestanden hat.
Das FG hat den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Flächenbereitstellung und der Zahlung durch die Klägerin darauf gestützt, dass beides auf zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen, nämlich der Mitgliedschaft bei der Klägerin, der "Vereinbarung über die Zusammenarbeit" und aufgrund des weiteren Rechtsverhältnisses "Zuschussgewährung und Rückzahlungsvereinbarung" beruhte. Die Klägerin verfolgt mit der Vergabe der Fördergelder ein eigenes wirtschaftliches Interesse, weil das Mitglied auf der neu errichteten Verkaufsfläche Waren verkaufen muss, an deren Einkauf die Klägerin entweder als Großhändlerin oder als Zentralreguliererin wirtschaftlich beteiligt ist.
Dieses wirtschaftliche Eigeninteresse zeigt sich auch darin, dass die Zuschüsse erst vergeben werden, wenn eine Standortanalyse, die Erstellung einer Umsatzprognose und die Prüfung eines aktuellen Jahresabschlusses die betriebswirtschaftlich begründete Erwartung einer Umsatzsteigerung bei dem Mitglied ergeben haben. Für einen Leistungsaustausch spricht auch, dass sich die Höhe des Zuschusses nach der Größe der zusätzlich geschaffenen Fläche richte, aufgrund derer die Klägerin Rückschlüsse auf eine zu erwartende Umsatzsteigerung ziehen kann. Der Umstand, dass die Klägerin nicht unmittelbar beim Verkauf von einer Umsatzsteigerung profitiert, sondern mittelbar über eine Umsatzsteigerung bei den Einkäufen und bei den Provisionen, steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen.
Im Streitfall sprach nichts für die Annahme eines nicht steuerbaren Zuschusses, der bei einer allgemeinen Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen durch Zahlungen aus öffentlichen Kassen vorliegen kann. Denn im Wirtschaftsleben ist im Allgemeinen niemand bereit, eine Leistung ohne Gegenleistung zu erbringen. Entsprechend hat das FG in seiner Würdigung nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin jedenfalls auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat.
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Die Klägerin ist in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (e.G.) auf dem Gebiet der Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik tätig. Die Klägerin hat bundesweit Mitglieder. Zweck ihres Unternehmens ist die Förderung mittelständischer Einzelhandelsunternehmen der Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik sowie verwandter Geschäftsbereiche i.S.d. genossenschaftlichen Förderauftrags. Die Klägerin und ihre Mitglieder schließen eine "Vereinbarung über die Zusammenarbeit", die Regelungen sowohl für den Einkauf im Großhandelsgeschäft als auch im Zentralregulierungsgeschäft enthält. Daneben kann es eine Vielzahl einzelner und rechtlich in sich abgeschlossener Vertragsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Mitglied und der Klägerin geben.
Die Klägerin tritt gegenüber dem Mitglied sowohl als Großhändlerin als auch als Zentralreguliererin bei Warengeschäften zwischen dem Hersteller und dem Mitglied auf. Eine Verpflichtung des Mitglieds, nur Ware über die Klägerin zu beziehen, besteht nicht. Im Durchschnitt beziehen die Mitglieder ca. 84 % ihrer Waren über die Klägerin. Für den Geschäftsbereich der Einkaufs- und Zentralregulierung hat die Klägerin mit Warenherstellern Verträge über Verkaufsförderung, Vermittlung und Zentralregulierung abgeschlossen. Darin ist geregelt, dass die Klägerin im Auftrag des jeweiligen Herstellers bei ihren Mitgliedern verkaufsfördernde Maßnahmen für das jeweilige Programm des Herstellers durchführt. Dies erfolgt auf Grundlage von gesonderten Vereinbarungen. Des Weiteren übernimmt die Klägerin die Zentralregulierung, d.h. sie zieht die Forderungen des Herstellers gegenüber den Mitgliedern ein und begleicht die Forderungen gegenüber dem Hersteller.
Neben der Verkaufsförderung, der Vermittlung sowie der Zentralregulierung, für die die Klägerin Provisionen zzgl. Umsatzsteuer von den Herstellern erhält, gibt es das Konzept Y. Im Rahmen des Konzept Y fördert die Klägerin im Wege eines Zuschusses die Schaffung neuer Verkaufsflächen bei ihren Mitgliedern. Eine Förderung können nur Mitglieder für zusätzlich geschaffene Verkaufsflächen, die der Steigerung des Umsatzes mit von der Klägerin bezogenen Waren oder mit über die Zentralregulierung regulierten Einkäufen dienen, auf Antrag erhalten. Im November 2015 beantragte das Mitglied X GmbH & Co. KG (X) für die Eröffnung einer zusätzlichen Filiale einen Zuschuss nach dem Konzept Y. Dieser Antrag wurde nach Prüfung durch den Vorstand der Klägerin genehmigt und im April 2016 an X ein Zuschuss gezahlt. X stellte hierüber eine Rechnung an die Klägerin und wies Umsatzsteuer gesondert aus. Diese machte die Klägerin als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt behandelte die Zahlung der Klägerin nicht als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung, sondern als nicht steuerbaren Zuschuss und ließ die Vorsteuern nicht zum Abzug zu.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung der X hat. Verpflichtet sich X als Einzelhändler gegenüber der Klägerin gegen eine Zahlung, auf neu geschaffenen Verkaufsflächen von der Klägerin bezogene Produkte zum Verkauf anzubieten, liegt sowohl der für die Annahme eines Entgelts als auch der für den Vorsteuerabzug erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung (Bereitstellung der Verkaufsflächen) und der hierfür von der Klägerin geleisteten Zahlung vor.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Vorliegend hat die Auslegung der in den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihrem Mitglied im Rahmen eines Konzepts abgegebenen Willenserklärungen durch das FG ergeben, dass zwischen der Bereitstellung von Verkaufsflächen durch das Mitglied und der Zahlung durch die Klägerin der erforderliche unmittelbare Zusammenhang bestanden hat.
Das FG hat den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Flächenbereitstellung und der Zahlung durch die Klägerin darauf gestützt, dass beides auf zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen, nämlich der Mitgliedschaft bei der Klägerin, der "Vereinbarung über die Zusammenarbeit" und aufgrund des weiteren Rechtsverhältnisses "Zuschussgewährung und Rückzahlungsvereinbarung" beruhte. Die Klägerin verfolgt mit der Vergabe der Fördergelder ein eigenes wirtschaftliches Interesse, weil das Mitglied auf der neu errichteten Verkaufsfläche Waren verkaufen muss, an deren Einkauf die Klägerin entweder als Großhändlerin oder als Zentralreguliererin wirtschaftlich beteiligt ist.
Dieses wirtschaftliche Eigeninteresse zeigt sich auch darin, dass die Zuschüsse erst vergeben werden, wenn eine Standortanalyse, die Erstellung einer Umsatzprognose und die Prüfung eines aktuellen Jahresabschlusses die betriebswirtschaftlich begründete Erwartung einer Umsatzsteigerung bei dem Mitglied ergeben haben. Für einen Leistungsaustausch spricht auch, dass sich die Höhe des Zuschusses nach der Größe der zusätzlich geschaffenen Fläche richte, aufgrund derer die Klägerin Rückschlüsse auf eine zu erwartende Umsatzsteigerung ziehen kann. Der Umstand, dass die Klägerin nicht unmittelbar beim Verkauf von einer Umsatzsteigerung profitiert, sondern mittelbar über eine Umsatzsteigerung bei den Einkäufen und bei den Provisionen, steht der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht entgegen.
Im Streitfall sprach nichts für die Annahme eines nicht steuerbaren Zuschusses, der bei einer allgemeinen Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen durch Zahlungen aus öffentlichen Kassen vorliegen kann. Denn im Wirtschaftsleben ist im Allgemeinen niemand bereit, eine Leistung ohne Gegenleistung zu erbringen. Entsprechend hat das FG in seiner Würdigung nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin jedenfalls auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat.