16.12.2020

Vorsteuervergütung bei gleichzeitiger Erstellung von Rechnungen in elektronischer Form und in Papierform

Der Frage, ob das Erfordernis der Vorlage von Originalrechnungen i.S.v. § 61a Abs. 2 Satz 3 UStDV auch dann gewahrt ist, wenn neben in Papierform erstellten Rechnungen vom Rechnungsaussteller identische elektronische Rechnungen erteilt werden und der Antragsteller im Vorsteuervergütungsverfahren sodann lediglich Ausdrucke dieser elektronischen Rechnungen zum Nachweis der Vorsteuerbeträge vorlegt, kommt eine grundsätzliche Bedeutung zu.

FG Köln v. 30.6.2020 - 2 K 1308/18
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der in der Schweiz ansässigen Klägerin, eine Vorsteuervergütung zu erhalten, und hierbei konkret darum, ob die Lieferung von Marketingmaterial im Auftrag der Klägerin von Deutschland aus direkt an Unternehmen ins Ausland in Deutschland umsatzsteuerpflichtig ist, sowie darum, inwieweit die Vorlage von Originalrechnungen in Papier bei (auch) elektronisch erstellten Rechnungen erforderlich ist. Das Finanzamt hatte den Vorsteuervergütungsantrag der Klägerin abgelehnt, gerade weil dem Antrag nicht die Originalrechnungen beigefügt gewesen waren.

Hiergegen wandte sich die Klägerin. Sie verwies auf die im Jahre 2014 veränderten internen Prozesse in der Dokumentenverwaltung für Buchhaltungszwecke, in deren Folge bei der Klägerin Rechnungsunterlagen nur noch in elektronischer Form bearbeitet würden. Zum Hintergrund erläuterte die Klägerin, dass seither die Lieferantenrechnungen bei den einzelnen Niederlassungen der Klägerin in der Schweiz eingingen, jedoch für die Buchhaltung und Rechnungsabwicklung zentral an den Standort der Klägerin in G (Schweiz) weitergeleitet würden.

Das FG gab der Klage auf Festsetzung der Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2014 überwiegend statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hatte im Vorsteuervergütungsverfahren fristgerecht ordnungsgemäße Rechnungen mit berechtigtem Umsatzsteuerausweis und als Ausdrucke der in elektronischer Form erstellten Rechnungen beim Finanzamt eingereicht.

Die im Streitfall entscheidende Frage, ob es sich bei den der Klägerin elektronisch erteilten Rechnungen, die sie sodann für die Einreichung des Vergütungsantrags ausgedruckt hatte, um Originalrechnungen i.S.v. § 61a Abs. 2 Satz 3 UStDV handelt, ist zu bejahen, und zwar obwohl der Rechnungsersteller (zumindest für einen Teil dieser elektronisch erteilten Rechnungen) auch noch Rechnungen in Papierform erstellt und an die Klägerin übermittelt hat. Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung wird bei elektronischen Rechnungen im Falle der Anwendung eines Verfahrens im Sinne von § 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG unterstellt, darüber hinaus müssen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger weiterhin diese Erfordernisse gewährleisten.

Elektronische Rechnungen i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 8 UStG sind folglich nur solche Rechnungen, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen werden. Die Rechnung muss dabei nicht nur mithilfe elektronischer Medien übermittelt werden (wie bisher etwa bei einer Faxübermittlung); vielmehr muss die Rechnung selbst, d.h. ihr Inhalt, in einem elektronischen Format wiedergegeben werden. Dies bedeutet, dass das elektronische Format auf dem Weg zwischen Ausstellung der Rechnung und Empfang unverändert sein muss. Ein besonderes elektronisches Format ist hierbei jedoch nicht vorgeschrieben.

Elektronisch übermittelte Rechnungen sind wirksam, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sind, dass dieser bei Annahme gewöhnlicher Umstände die Möglichkeit ihrer Kenntnisnahme hat. Regelmäßig ist dies mit Zugang beim Empfänger im elektronischen Briefkasten gegeben. Aufbau und Ablauf des bei einer elektronischen Übermittlung einer Rechnung angewandten Verfahrens müssen für die Finanzbehörde nachprüfbar sein (vgl. § 145 AO). Insoweit ist eine Dokumentation erforderlich, dass dieses Verfahren den Anforderungen der Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) genügt.

Zusätzlich ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG erforderlich, dass der Empfänger diese Abrechnungsform, d.h. der elektronischen Rechnungserstellung, zustimmt. Die Zustimmung zur Ausstellung einer Rechnung in elektronischer Form bedarf hierbei keiner bestimmten Form. Sie gilt etwa auch als erteilt, wenn der Leistungsempfänger stillschweigend die elektronische Abrechnung hinnimmt. Hiernach sind elektronische Rechnungen grundsätzlich für den Vorsteuerabzug anzuerkennen und stehen einer Rechnung in Papierform gleich, wenn die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der elektronischen Rechnung gewährleistet werden können und der Empfänger der elektronischen Rechnungserstellung zugestimmt hat.

Die von der Klägerin in elektronischer Form empfangenen, für Zwecke des vorliegenden Vorsteuervergütungsantrags ausgedruckten Rechnungen genügten diesen gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungserstellung. Allerdings wird die Revision zugelassen, da der Frage, ob das Erfordernis der Vorlage von Originalrechnungen i.S.v. § 61a Abs. 2 Satz 3 UStDV auch dann gewahrt ist, wenn neben in Papierform erstellten Rechnungen vom Rechnungsaussteller identische elektronische Rechnungen erteilt werden und der Antragsteller im Vorsteuervergütungsverfahren sodann lediglich Ausdrucke dieser elektronischen Rechnungen zum Nachweis der Vorsteuerbeträge vorlegt, eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Fallkonstellation der gleichzeitigen Erstellung von elektronischen Rechnungen und Rechnungen in Papierform ist - soweit ersichtlich - bislang weder im Zusammenhang mit §§ 14, 15 UStG für das reguläre Umsatzsteuerverfahren noch im Zusammenhang mit dem Vorsteuervergütungsverfahren gem. § 18 Abs. 9 UStG entschieden worden. Wenngleich im Streitfall § 61a UStDV in der bis zum 29.12.2014 geltenden Fassung und damit noch das papiergebundene Antragsverfahren maßgeblich sind, kommt dieser Frage auch unter Geltung der seit dem 30.12.2014 geltenden Fassung und dem seither auch für Antragsteller aus Drittstaaten vorgeschriebenen elektronischen Antragsverfahren weiterhin Bedeutung zu, da nach der aktuellen Gesetzesfassung nach wie vor die Vorlage von Rechnungen im Original verlangt wird.
FG Köln online
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