Wann ist der Erwerb von Aktien vom Arbeitgeber verbilligt und wann gilt er als Arbeitslohn?
BFH 7.5.2014, VI R 73/12Der Kläger war im Streitjahr 1997 im Vorstand einer AG tätig und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei seiner Arbeitgeberin wurde festgestellt, dass der Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzende der AG im Jahr 1997 und im darauf folgenden Jahr Aktien der AG aus seinem Privatvermögen an Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiter, deren Angehörige, Gesellschafter sowie an Geschäftsfreunde veräußert hatte. Auch die Ehefrau des Klägers hatte von ihm Aktien erworben.
Die Arbeitgeberin des Klägers zog daraus keine lohnsteuerlichen Folgen. Daraufhin änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für das Jahr 1997. Es war der Ansicht, der Vorteil, den die Klägerin durch den verbilligten Erwerb der Aktien erlangt habe, sei vom Kläger als Arbeitslohn zu versteuern.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG muss im zweiten Rechtsgang prüfen, ob der verbilligte Erwerb der Aktien durch die Ehefrau des Klägers vom Hauptaktionär seines Arbeitgebers durch das Dienstverhältnis des Klägers veranlasst war oder auf einer anderen privatrechtlichen oder besonderen persönlichen Beziehung beruhte.
Der verbilligte Erwerb von Aktien vom Arbeitgeber (oder einem Dritten) kann zwar zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG führen. Dies aber nur, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer "für" seine Arbeitsleistung gewährt wird. Es war jedoch nicht ersichtlich, woraus das FG die Erkenntnis schöpfte, dass der vorteilhafte Erwerb von Aktien durch die Ehefrau des Klägers einer Prämie oder Belohnung seinerseits gleichkommt. Allein die Feststellung, dass ein Arbeitnehmer über einen Dritten Einnahmen bezogen hatte, rechtfertigte den Ansatz von Arbeitslohn noch nicht.
Ein lohnsteuerbarer Vorteil liegt auch nur insoweit vor, als der Arbeitgeber die Aktien tatsächlich verbilligt an den Arbeitnehmer veräußert, mithin der Wert der Aktien den vereinbarten Kaufpreis übersteigt. Ob der Arbeitnehmer das Wirtschaftsgut verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, ist grundsätzlich anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen. Der Zeitpunkt des Zuflusses der erworbenen Aktien ist für die Frage, ob und in welcher Höhe ein verbilligter Erwerb von Wirtschaftsgütern vorliegt, unbeachtlich. Denn positive wie negative Wertveränderungen zwischen schuldrechtlichem Veräußerungs- und dinglichem Erfüllungsgeschäft werden nicht mehr durch den Arbeitgeber vermittelt. Wertveränderungen in dieser Zeitspanne sind vielmehr der privaten und im Streitjahr insoweit nicht steuerbaren Vermögenssphäre zuzuordnen.
Für den Fall, dass das FG zu der belastbaren Erkenntnis gelangt, dass der Kläger durch den streitigen Aktienerwerb entlohnt werden sollte, weist der Senat auf Folgendes hin: Gelingt dem Kläger der Nachweis, dass der Kaufvertrag über die Aktien nicht - wie der Treuhandvertrag - erst im September 1997, sondern tatsächlich bereits zuvor zwischen dem Hauptaktionär der AG und der Ehefrau des Klägers geschlossen worden war, hat es den lohnsteuerbaren Vorteil auf diesen Tag zu bemessen. Nur soweit der Wert der Aktien am Tag des Vertragsschlusses den Kaufpreis übersteigt, liegt ein solcher vor. Dieser ist, da die hier streitigen Einnahmen nicht in Geld bestehen, nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG und damit mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort zu bestimmen. Zum Auffinden dieses Wertes kann sich das FG an § 11 BewG in der im Streitjahr geltenden Fassung orientieren.
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