Wann liegt eine mittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vor?
FG München v. 25.6.2023, 7 K 434/19
Der Sachverhalt:
Klägerin ist eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, das Halten und das Verwalten sowie das Veräußern von Immobilien. An ihrem Stammkapital waren im Streitjahr 2015 bis zum 4.11.2015 zu 47,62% F und zu 52,38% die Beteiligungsgesellschaft mbH mit Sitz ("EBG") beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der EBG ist die F GmbH & Co. KG ("FKG"), deren Kommanditkapital vollständig von der F Holding GmbH mit Sitz ("FH") gehalten wird. Alleingesellschafter der FH war bis zum 4.11.2015 der F. Komplementär der FKG war die F Beteiligungsgesellschaft mbH. Die FKG hält außerdem 100% der Anteile an der A GmbH. Mit Wirkung zum 5.11.2015 übertrug F. seine Anteile an der Klägerin sowie an der FH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf A.
Die Klägerin erbringt ihre Leistungen fast ausschließlich für verbundene Gesellschaften. In den Jahren 2013 und 2014 überließ sie der FKG mietweise Teilflächen (1.740 m²) eines Grundstücks. Dieser Gebäudebereich wird von der Geschäftsführung und von zentralen Verwaltungseinheiten der FKG genutzt. Ab 2015 wurden die beschriebenen Flächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der A GmbH an die FKG überlassen. Auf ihren Gewerbeertrag hat die Klägerin im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG angewendet.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Erhebungszeiträume 2013 bis 2015 wurde durch den Betriebsprüfer die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für alle geprüften Erhebungszeiträume nicht erfüllt seien, weil eine schädliche Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der FKG vorläge. Infolgedessen setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag 2015 ohne Berücksichtigung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.H.v. 257.215 € fest.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Zu Unrecht hat das Finanzamt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit der Begründung versagt, dass in den Streitjahren zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der FKG als Betriebsunternehmen eine sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung bestanden habe.
Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen (originär) gewerbliche Einkünfte erzielt. Denn der Zweck der sog. Besitzgesellschaft ist in diesen Fällen von vornherein nicht auf die Vermögensverwaltung, sondern auf die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr und die Partizipation an der durch die Betriebsgesellschaft verwirklichten Wertschöpfung gerichtet. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird deshalb als gewerbliche Tätigkeit beurteilt und schließt eine erweiterte Kürzung aus.
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Dieser ist anzunehmen, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Ist aufgrund besonderer sachlicher und personeller Gegebenheiten eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen zu bejahen, dass das Besitzunternehmen durch die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, so ist das Besitzunternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG (originär) gewerblich tätig.
Im Streitfall hat die Klägerin der FKG bebaute Grundstücke zur Nutzung überlassen. Unstreitig sind diese Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen. Eine sachliche Verflechtung war deshalb zu bejahen. Zu Unrecht ist das Finanzamt von einer personellen Verflechtung ausgegangen. Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zugleich die geschäftliche Oberleitung der Betriebsgesellschaft (FDKG) innegehabt bzw. beherrschende Funktionen ausgeübt hat. Die Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft (Klägerin) beschränkte sich vielmehr auf eine bloße Vermietungstätigkeit.
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Bayern.Recht
Klägerin ist eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, das Halten und das Verwalten sowie das Veräußern von Immobilien. An ihrem Stammkapital waren im Streitjahr 2015 bis zum 4.11.2015 zu 47,62% F und zu 52,38% die Beteiligungsgesellschaft mbH mit Sitz ("EBG") beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der EBG ist die F GmbH & Co. KG ("FKG"), deren Kommanditkapital vollständig von der F Holding GmbH mit Sitz ("FH") gehalten wird. Alleingesellschafter der FH war bis zum 4.11.2015 der F. Komplementär der FKG war die F Beteiligungsgesellschaft mbH. Die FKG hält außerdem 100% der Anteile an der A GmbH. Mit Wirkung zum 5.11.2015 übertrug F. seine Anteile an der Klägerin sowie an der FH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf A.
Die Klägerin erbringt ihre Leistungen fast ausschließlich für verbundene Gesellschaften. In den Jahren 2013 und 2014 überließ sie der FKG mietweise Teilflächen (1.740 m²) eines Grundstücks. Dieser Gebäudebereich wird von der Geschäftsführung und von zentralen Verwaltungseinheiten der FKG genutzt. Ab 2015 wurden die beschriebenen Flächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der A GmbH an die FKG überlassen. Auf ihren Gewerbeertrag hat die Klägerin im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG angewendet.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Erhebungszeiträume 2013 bis 2015 wurde durch den Betriebsprüfer die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für alle geprüften Erhebungszeiträume nicht erfüllt seien, weil eine schädliche Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der FKG vorläge. Infolgedessen setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag 2015 ohne Berücksichtigung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.H.v. 257.215 € fest.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Zu Unrecht hat das Finanzamt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit der Begründung versagt, dass in den Streitjahren zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der FKG als Betriebsunternehmen eine sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung bestanden habe.
Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Grundstücksunternehmen infolge einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen (originär) gewerbliche Einkünfte erzielt. Denn der Zweck der sog. Besitzgesellschaft ist in diesen Fällen von vornherein nicht auf die Vermögensverwaltung, sondern auf die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr und die Partizipation an der durch die Betriebsgesellschaft verwirklichten Wertschöpfung gerichtet. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird deshalb als gewerbliche Tätigkeit beurteilt und schließt eine erweiterte Kürzung aus.
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Dieser ist anzunehmen, wenn die Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen kann. Ist aufgrund besonderer sachlicher und personeller Gegebenheiten eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen zu bejahen, dass das Besitzunternehmen durch die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, so ist das Besitzunternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG (originär) gewerblich tätig.
Im Streitfall hat die Klägerin der FKG bebaute Grundstücke zur Nutzung überlassen. Unstreitig sind diese Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen. Eine sachliche Verflechtung war deshalb zu bejahen. Zu Unrecht ist das Finanzamt von einer personellen Verflechtung ausgegangen. Es lagen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zugleich die geschäftliche Oberleitung der Betriebsgesellschaft (FDKG) innegehabt bzw. beherrschende Funktionen ausgeübt hat. Die Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft (Klägerin) beschränkte sich vielmehr auf eine bloße Vermietungstätigkeit.
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