Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach tatsächlicher Nutzungsdauer nicht möglich
BFH 29.5.2018, IX R 33/16Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks. Das Grundstück ist bebaut mit einem 1994 für den Betrieb eines Autohauses errichteten Gebäude (Werkstatt und Verkaufsräume) und Außenanlagen. Die Klägerin vermietet das Grundstück seit Fertigstellung des Gebäudes an das von ihrem Ehemann als Einzelkaufmann betriebene Autohaus. Im Jahr 2009 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück einen Anbau an das bestehende Werkstattgebäude und überdachte einen Teil der Freifläche. Dafür wandte sie Herstellungskosten von insgesamt rd. 85.000 € auf.
In den Jahren von 1994 bis 2008 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 Abs. 5 EStG auf die Gebäudeherstellungskosten geltend. Diese beliefen sich ursprünglich auf rd. 585.000 €. Der am 1.1.2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert belief sich auf rd. 255.000 €. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin AfA i.H.v. rd. 33.500 € geltend. Auf Nachfrage korrigierte sie den Betrag auf rd.34.000 €. Entgegen der bisherigen Annahmen betrage die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50, sondern nur 25 Jahre. Der am 1.1.2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert von rd. 255.000 € müsse um die im Streitjahr angefallenen Herstellungskosten von rd. 85.000 € auf rd. 340.000 € erhöht und auf die restlichen zehn Jahre gleichmäßig verteilt werden (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG).
Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber als AfA nur 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage (585.000 € + 85.000 € = 670.000 € x 1,25 % = gerundet rd. 8.370 €) und führte zur Erläuterung aus, eine kürzere als die bislang angenommene voraussichtliche Nutzungsdauer sei nicht dargelegt worden.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften dienen und nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Werbungskosten abgezogen werden. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes weniger als 50 Jahre, können anstelle dieser Absetzungen die der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden AfA vorgenommen werden (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG). Bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige aufgrund eines vor dem 1.1.1995 gestellten Bauantrags hergestellt hat, können abweichend von Abs. 4 degressive Abschreibungen vorgenommen werden: in den ersten acht Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % (§ 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG). Ein späterer Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ist nicht möglich.
Bislang hatte der BFH offen gelassen, ob ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG) möglich ist. Bei Gebäuden mit einer tatsächlichen Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren kann die AfA danach entsprechend dieser verkürzten Nutzungsdauer vorgenommen werden. Die von der Klägerin erstrebte Kombination von degressiver AfA und AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer ist nicht möglich. § 7 Abs. 5 EStG typisiert die Nutzungsdauer eines Gebäudes und dient damit der Rechtsvereinfachung. Bei Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG erübrigt sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheidet sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung tritt nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend ist. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb im Grundsatz unabänderlich.
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