Weitere EuGH-Vorlage zu § 50d Abs. 3 EStG
FG Köln 31.8.2016, 2 K 721/13Die Klägerin ist eine in Dänemark ansässige Holdinggesellschaft. Sie streitet mit dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) um die Erstattung von Kapitalertragsteuer. Sie hält Beteiligungen an mehr als 25 europäischen Tochtergesellschaften, die zum Teil auch in Dänemark ansässig und aktiv sind. Sie beschäftigt keine eigenen Arbeitnehmer und verfügt über keine Geschäftsräume. Alleingesellschafterin der Klägerin war eine Limited mit Sitz in Zypern, die keine Wirtschaftstätigkeit ausübte. Die Anteile an dieser Limited wurden zu 100 Prozent von einer in Singapur ansässigen natürlichen Person gehalten.
Die Klägerin beantragte im September 2011 beim BZSt die Erstattung von Kapitalertragsteuer i.H.v. 25.000 €, die eine deutsche Tochter-GmbH (100-Prozent-Beteiligung) auf Gewinnausschüttungen einbehalten hatte. Das BZSt versagte die Kapitalertragsteuererstattung unter Hinweis auf § 50d Abs. 3 EStG, weil die Klägerin keine eigene Wirtschaftstätigkeit ausübe.
Das FG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Die Gründe:
Das Klageverfahren wegen Erstattung von Kapitalertragsteuer war auszusetzen. Es wird gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV die Vorabentscheidung des EuGH über die unten genannten Rechtsfragen eingeholt. Die Anrufung des EuGH ist gem. Art. 267 AEUV geboten, weil das Verständnis der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 54 AEUV (ex-Art. 48 EG) sowie des Begriffs des Missbrauchs i.S.v Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft sind. Entscheidend für den Ausgang des Klageverfahrens ist, ob die vom deutschen Gesetzgeber in § 50d Abs. 3 EStG (2007) zur Verhinderung von Missbrauch aufgestellten Kriterien, die zu einer Versagung der Erstattung bzw. Freistellung von Kapitalertragsteuer führen, mit EU-Recht vereinbar und folglich anwendbar sind.
Der Senat hält an seinen europarechtlichen Bedenken gegenüber der Regelung des § 50d Abs. 3 EStG fest. Auch im vorliegenden Sachverhalt könnte der deutsche Gesetzgeber die Grenze der europarechtlich zulässigen Missbrauchsbekämpfung überschritten haben. Im Unterschied zur ersten Vorlage (FG Köln 8.7.2016, 2 K 2995/12) hatte die ausländische Klägerin zwar kein eigenes Personal und keine eigenen Geschäftsräume. Gegen einen Missbrauch könnte aber hier sprechen, dass die ausländische Muttergesellschaft (Klägerin) im Rahmen eines in ihrem Ansässigkeitsstaat aktiv tätigen Konzerns als Holdinggesellschaft dauerhaft ausgegliedert wurde.
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
I.) Stehen Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG (jetzt Art. 49 i.V.m. 54 AEUV) und Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG einer nationalen Steuervorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, die einer gebietsfremden Muttergesellschaft, die innerhalb eines in ihrem Ansässigkeitsstaat ansässigen aktiv tätigen Konzerns auf Dauer als Holdinggesellschaft ausgegliedert wird, die Entlastung von Kapitalertragsteuer auf Gewinnausschüttungen verweigert, soweit Personen an ihr beteiligt sind, denen die Erstattung oder Freistellung nicht zustände, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten und
(1) für die Einschaltung der gebietsfremden Muttergesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen oder
(2) die gebietsfremde Muttergesellschaft nicht mehr als 10 Prozent ihrer gesamten Bruttoerträge des betreffenden Wirtschaftsjahres aus eigener Wirtschaftstätigkeit erzielt (woran es u.a. fehlt, soweit die ausländische Gesellschaft ihre Bruttoerträge aus der Verwaltung von Wirtschaftsgütern erzielt) oder
(3) die gebietsfremde Muttergesellschaft nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt,
während gebietsansässigen Holdinggesellschaften die Entlastung von der Kapitalertragsteuer gewährt wird, ohne dass es auf die vorgenannten Voraussetzungen ankommt?
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