Welche Wertpapiere gehören zum sog. "jungen Verwaltungsvermögen" i.S.v. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG?
FG Münster 30.11.2017, 3 K 2867/15 ErbDie Klägerin und ihr Bruder sind zu gleichen Teilen Erben geworden. Zum Nachlass der Erblasserin gehörte u.a. eine Kommanditbeteiligung an der V-GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG). Zum Betriebsvermögen der KG gehörten im Zeitpunkt des Erbfalls Wertpapiere. Dabei handelte es sich ausschließlich um deutsche Bundesanleihen und -obligationen, d.h. endfällige Geldanlagen, und zwar sowohl zum Stichtag (Zeitpunkt des Erbfalls) als auch innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Stichtag und ebenso in dem davor liegenden Zeitraum.
Innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Stichtag fanden in dem Wertpapierdepot der KG in Form von Verkäufen und Zukäufen einige Umschichtungen und weitere Erwerbe statt. Die Finanzierung der Käufe erfolgte durch die Verwendung der Erlöse aus endfälligen Geldanlagen, darüber hinaus sind aus nicht aktuell benötigter Liquidität der KG weitere Wertpapiere angeschafft worden, und zwar jeweils in Form von Bundesanleihen und -obligationen.
Das Finanzamt hat das Wertpapiervermögen als junges Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG in der im Streitfall geltenden Fassung qualifiziert. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, die Wertpapiere, die von der KG in den zwei Jahren vor dem Erbfall angeschafft worden seien, seien kein Verwaltungsvermögen gem. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG, soweit deren Anschaffung auf einer reinen Umschichtung innerhalb des Wertpapierdepots der KG beruhe. Nach § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG gehöre dasjenige Verwaltungsvermögen nicht zum begünstigten Vermögen i.S.v. Abs. 1, das dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen gewesen sei, sog. junges Verwaltungsvermögen.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte das Wertpapiervermögen zu Recht als junges Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG qualifiziert.
Nach § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG gehört in den Fällen, in denen § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG nicht zur Anwendung kommt, solches Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG nicht zum begünstigten Vermögen i.S.d. Abs. 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war. Die Wirtschaftsgüter, die zum Verwaltungsvermögen gehören, sind im Gesetz abschließend aufgezählt (§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG). Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ErbStG Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen. Ausgenommen sind Wertpapiere und vergleichbare Forderungen, wenn sie dem Hauptzweck eines Geldinstituts oder Finanzdienstleistungsinstituts dienen. Beide Ausnahmen sind im Streitfall nicht gegeben.
Sollte die Verwaltungsvermögensquote mehr als 50 % betragen, ist das Betriebsvermögen nicht begünstigungsfähig, wobei es auf den Zeitpunkt der Besteuerung ankommt. Wird der Verwaltungsvermögenstest insgesamt bestanden, ist das Verwaltungsvermögen nicht begünstigt, das dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (sog. junges Verwaltungsvermögen). Nach Auffassung des Senats gehört zu diesem sog. jungen Verwaltungsvermögen nicht nur das innerhalb des Zweijahreszeitraums eingelegte Verwaltungsvermögen, sondern auch das Verwaltungsvermögen, das innerhalb dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt wurde.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um Umschichtungen und Zukäufe innerhalb eines bestehenden Wertpapierdepots oder ob es sich um Neuanschaffung aus Liquiditätsreserven der Gesellschaft handelt. Allein maßgeblich ist nach dem Wortlaut der Vorschrift der Bestand im Besteuerungszeitpunkt. Wenn zu dem Verwaltungsvermögen gehörende Wertpapiere im Zeitpunkt des Erbfalls weniger als zwei Jahre der KG zuzurechnen waren, sind sie danach als junges Verwaltungsvermögen zu bewerten.
Der Senat ist zwar mit der Klägerin der Auffassung, dass Sinn und Zweck des § 13b Abs. 2 S. 3 ErbStG die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen ist. Die Vorschrift regelt aber nicht, wie die Klägerin meint, dass im Einzelfall geprüft werden muss, ob eine missbräuchliche Gestaltung im Einzelfall vorliegt. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber nicht geschaffen. Er hat sich vielmehr dazu entschlossen, die Regelung so zu fassen, dass unabhängig von der Frage, ob im zu beurteilenden Einzelfall eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt, jedenfalls Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG nicht zum begünstigten Vermögen gehört, welches den Betrieben zum Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war.
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