07.06.2018

Wer schuldet die Kosten für die Lagerung nicht abgeholter Postsendungen?

Zur Zahlung der Kosten für die Lagerung nicht abgeholter Postsendungen ist verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Als Kostenschuldner kommen demnach das Unternehmen, das die Postsendungen zur Zollstelle befördert hat, und die Selbstverzoller in Betracht. Handelt es sich um ein Massenverfahren und ist der Aufwand für die Ermittlung der Selbstverzoller für das Hauptzollamt unverhältnismäßig hoch, während das Unternehmen, das die Postsendungen befördert, über deren Daten verfügt, ist es ermessensgerecht, nur dieses als Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen.

BFH 20.2.2018, VII R 21/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin befördert Postsendungen aus Drittländern in Erfüllung der Verbindlichkeiten, die sich für Deutschland aus dem Weltpostvertrag (WPV) ergeben. Sendungen an sog. Selbstverzoller oder Sendungen, an denen nicht alle erforderlichen Informationen angebracht sind oder bei denen Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen in Betracht kommen, können nicht direkt bei den an den Auswechslungsstellen der Klägerin angesiedelten Zollstellen zum freien Verkehr abgefertigt werden. Diese befördert die Klägerin im externen Versandverfahren zum für den Adressaten zuständigen Zollamt, wo sie die Sendungen zur Beendigung des Versandverfahrens gestellt. Außerdem informiert sie die Empfänger dieser Postsendungen über deren Eingang beim zuständigen Zollamt.

Holt der Empfänger die Postsendung nicht innerhalb der Lagerfrist ab, nimmt die Klägerin sie zurück und übermittelt sie dem Postdienstleister, von dem sie die jeweilige Sendung übernommen hat. Welche Sendungen für Selbstverzoller bestimmt sind, ist weder auf den Postübergabebögen, die die Sendungen im Versandverfahren begleiten, noch sonst für die Zollverwaltung ersichtlich. Mit 120 Kostenbescheiden setzte das Hauptzollamt für die Lagerung von Postsendungen zwischen Februar 2010 und August 2013 Lagerkosten i.H.v. insgesamt rd. 125.000 € fest.

Das FG gab der Klage statt; die Kostenbescheide seien rechtswidrig, weil neben der Klägerin weitere Kostenschuldner vorhanden seien und das Hauptzollamt das ihm insoweit zustehende Auswahlermessen nicht ausgeübt habe. Auf die Revision des Hauptzollamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Hauptzollamt hat im Ergebnis zu Recht nur die Klägerin als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, der gem. § 178 Abs. 4 S. 2 AO auch nach dem Inkrafttreten des Bundesgebührengesetzes im Jahre 2013 weiter gilt, ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Gebührenrechtlicher Veranlasser ist, wer die kostenverursachende Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, oder derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie erfolgt. Mehrere Kostenschuldner sind gem. § 13 Abs. 2 VwKostG Gesamtschuldner. Welcher von mehreren grundsätzlich gleichrangigen Schuldnern in Anspruch genommen werden soll, steht nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO gelten.

Hier hat das Hauptzollamt zu Recht allein die Klägerin als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen und eine Ausübung des Auswahlermessens im Hinblick auf den in Anspruch zu nehmenden Kostenschuldner gem. § 13 Abs. 2 VwKostG i.V.m. § 5 AO für entbehrlich gehalten. Dem Hauptzollamt waren weitere Kostenschuldner nicht bekannt. Die Registrierung als Selbstverzoller wurde ausschließlich gegenüber der Klägerin abgegeben, die diese Information nicht dem Hauptzollamt weitergab.

Das Hauptzollamt hatte nicht die Pflicht zu ermitteln, bei welchen Empfängern es sich um Selbstverzoller handelte. Die Ermittlungspflicht des Hauptzollamts war eingeschränkt, weil es sich bei der Postabfertigung um ein Massenverfahren handelt, dessen effektive Bewältigung nur dann sichergestellt werden kann, wenn das Hauptzollamt nicht in jedem Einzelfall durch Nachfragen bei den Empfängern oder bei der Klägerin ermitteln muss, welche der nicht abgeholten Postsendungen an einen Selbstverzoller adressiert war. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es im Einzelfall um die Festsetzung von nur wenigen Euro ging. Der Arbeitsaufwand, der mit der Ermittlung der Selbstverzoller einherginge, stünde dazu in keinem angemessenen Verhältnis.
 
Im Gegenteil hatte die Klägerin die Obliegenheit, dem Hauptzollamt mitzuteilen, welcher der Empfänger der gesetzlichen Vertretungsmacht widersprochen hatte. Die Klägerin verfügte über diese Informationen und hätte diese der Verwaltung ohne unzumutbaren Aufwand zur Verfügung stellen können, zumal sie bereits nach der Ankunft der Postsendungen an den Auswechslungsstellen einen Abgleich der ankommenden Postsendungen mit den registrierten Selbstverzollern durchgeführt hatte, um zu klären, welche Postsendungen sie zum für den Empfänger zuständigen Zollamtes befördern musste.

Linkhinweis:

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