Werbungskosten bei Taxifahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Aufwendungen für Besuchsreisen des anderen Elternteils ins Ausland
Niedersächsisches FG v. 5.12.2018 - 3 K 15/18Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Jahr 2015 ganzjährig (zeitlich befristet) als Dozentin für eine deutsche Einrichtung im Ausland (A) tätig. Ihren inländischen Wohnsitz gab die Klägerin während dieser Zeit nicht auf. Sie wohnte dort zusammen mit ihrem Sohn, der dort die Schule besuchte. Der Kindesvater, von dem die Klägerin bereits vorher getrennt gelebt hatte, blieb in Deutschland. Er führte beim Familiengericht ein Verfahren wegen seines Umgangsrechts. Die Eltern erzielten letztlich eine Einigung vor dem Familiengericht dahingehend, dass die Klägerin sich verpflichtete, jeweils einmal im Quartal für die Kosten des Vaters anlässlich der Besuche bei dem gemeinsamen Kind am ausländischen Wohnort bzw. für Flugreisen nach Deutschland zur Ermöglichung des Besuchsrechts aufzukommen. Das Familiengericht genehmigte diese Vereinbarung zum Umgangsrecht.
Im Streitjahr hatte die Klägerin für Besuchsreisen des Kindesvaters von Deutschland nach A Kosten i.H.v. rd. 2.000 € zu tragen. Ferner sind ihr für die Flüge des Kindes, sowie für ihre eigenen Flüge von A nach Deutschland Kosten i.H.v. rd. 2.400 € entstanden. Im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2015) beantragte die Klägerin den Abzug dieser Aufwendungen i.H.v. insgesamt rd. 4.400 € als außergewöhnliche Belastung. Für die Fahrten zwischen Wohnung und ihrem Arbeitsplatz in A nutzte die Klägerin individuell bestellte Taxis, wodurch ihr nachgewiesene Aufwendungen i.H.v. rd. 3.500 € entstanden sind. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2015 beantragte die Klägerin, die Kosten in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Das Finanzamt versagte der Klägerin den Abzug der Besuchskosten als außergewöhnliche Belastung. Die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte berücksichtigte es nur mit der Entfernungspauschale i.H.v. 0,30 € je vollen Entfernungskilometer (insgesamt rd. 1.500 €).
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Die Gründe:
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin weder hinsichtlich der Umgangskosten noch hinsichtlich der Kosten für Taxifahren zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in ihren Rechten.
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechtes des Kindesvaters i.H.v. rd. 4.400 € sind nicht nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Die von der Klägerin getragenen Kosten für die durchgeführten Besuchsfahrten des Kindesvaters von Deutschland nach A sowie für die Besuchsfahrten des Sohnes und der Klägerin als Begleitperson von A nach Deutschland sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, weil die entstandenen Aufwendungen wegen des in § 1684 Abs. 1 BGB statuierten und im Beschluss des Familiengerichts konkretisierten Umgangsrechts zugunsten des Kindesvaters zwar zwangsläufig, jedoch nicht außergewöhnlich i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG sind.
Eine Außergewöhnlichkeit solcher Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem Auslandssachverhalt und relativ weiten Reiseentfernungen. So entstehen zwar einerseits höhere Aufwendungen für einzelne Reisen (hier rd. 1.100 € pro Quartal), aber andererseits sind in der familiengerichtlich genehmigten Umgangsvereinbarung auch nur Reisen einmal pro Quartal vereinbart. Soweit bei reinen Inlandssachverhalten ein wöchentliches Umgangsrecht des anderen Elternteils oder bei größeren Entfernungen eine 14-tägiges Umgangsrecht vereinbart oder angeordnet wird, können ähnlich hohe Kosten auf die Beteiligten zukommen. Demnach indiziert auch die Höhe der im Streitfall entstandenen Kosten nicht eine Außergewöhnlichkeit im Vergleich zur überwiegenden Mehrzahl anderer Steuerpflichtiger gleicher Verhältnisse.
Das Finanzamt hat die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auch zu Recht nur mit der Entfernungspauschale i.H.v. 0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen. Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG stellt klar, dass grundsätzlich durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind.
Etwas Anderes soll nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG ausnahmsweise nur dann gelten, wenn die Aufwendungen für die Benutzung "öffentlicher Verkehrsmittel" den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Bei den Taxifahrten im Gelegenheitsverkehr handelt es sich nicht um Aufwendungen für die Benutzung eines "öffentlichen Verkehrsmittels" i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG. Die von der Klägerin geltend gemachten und nachgewiesenen Aufwendungen für die Benutzung von Taxen i.H.v. rd. 3.500 € (bzw. Mehraufwendungen gegenüber der Entfernungspauschale) sind nicht ausnahmsweise nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG zu berücksichtigen. Die Vorschrift kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Fahrten mit Taxen im Gelegenheitsverkehr darunter subsummiert werden können. Die dazu bekannt gewordene Rechtsprechung von zwei Finanzgerichten und die vom Schrifttum dazu vertretene Auffassung, die Taxen generell als öffentliche Verkehrsmittel im Sinne dieser Regelung einordnet, teilt der erkennende Senat nicht.
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