24.10.2018

Widerlegung der Zugangsvermutung bei Beauftragung eines privaten Postdienstleisters unter Einschaltung eines Subunternehmers

Bei der Einschaltung eines privaten Postdienstleisters, der mit einem Subunternehmer tätig wird, ist zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann. Damit kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der Zugangsvermutung.

BFH 14.6.2018, III R 27/17
Der Sachverhalt:

Auf der Einspruchsentscheidung vom 5.11.2015 hatte die beklagte Familienkasse vermerkt "abgesandt am: 6.11.2015" (Freitag). Nach Auskunft der Familienkasse wurde die versandfertige Ausgangspost am Freitag zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr durch einen privaten Kurierdienst als Subunternehmer eines privaten Postdienstleisters abgeholt.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am 10.12.2015 Klage. Im Klageverfahren trug er vor, dass die Einspruchsentscheidung ihm erst am 12.11.2015 zugegangen sei. Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Dem Kläger sei es nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu entkräften, nämlich dass die Einspruchsentscheidung drei Tage nach der Aufgabe zur Post am Montag, dem 9.11.2015 zugegangen sei.

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück.

Gründe:

Es kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die Klagefrist gewahrt hat. Das FG hat die fehlenden tatsächlichen Feststellungen dazu im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Unter "Aufgabe zur Post" i.S.d. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO wird zwar auch die Übermittlung eines Verwaltungsakts durch einen privaten Postdienstleister erfasst. Bei privaten Zustelldiensten wird im Rahmen der Lizensierung allerdings nicht die Einhaltung konkreter Postlaufzeiten geprüft. Infolgedessen muss ermittelt werden, ob nach den bei dem privaten Dienstleister vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann.

Dies gilt insbesondere dann, wenn neben dem im Streitfall beauftragten privaten Zustelldienst, der bei bundesweiten Zustellungen regelmäßig nur über Verbundgesellschaften tätig wird, ein weiteres Dienstleistungsunternehmen zwischengeschaltet wird. Die Einschaltung eines privaten Postdienstleisters sowie die weitere Einschaltung eines Subunternehmers können für die Zugangsvermutung innerhalb der Dreitagesfrist von Bedeutung sein, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf gegeben ist. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann.

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BFH PM Nr. 53 vom 24.10.2018
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