Wie sind die Leistungen einer Aufbauversicherung zu behandeln?
BFH v. 6.9.2018 - X R 21/16Der Kläger war bis zum Streitjahr 2011 als sog. Generalagent (GA) für eine Versicherung tätig. Eine zum Konzern der Versicherung gehörende Gesellschaft zahlte ihm am 1.7.2011 drei Kapitallebensversicherungen aus. Diesen auf das Leben des Steuerpflichtigen abgeschlossenen Verträgen lagen die "Richtlinien für die Versorgung der hauptberuflichen Ausschließlichkeitsvertreter" (GA Versorgung) zugrunde. Diese besteht aus drei Stufen. Der Kläger hatte am 1.7.1982 die GA-Versorgung der Stufe 2 vereinbart. Daneben hatte er am 1.7.1987 die Vereinbarung über eine (weitere) Aufbauversicherung im Rahmen der Stufe 3 der GA - Versorgung abgeschlossen.
In Höhe des Kapitalwertes der finanzierten Versicherungsleistungen sieht Punkt VI. der GA-Versorgung vor, dass aus Gründen der Billigkeit kein Ausgleichsanspruch des GA nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB entsteht. Den Unterschiedsbeitrag dieses Kapitalwertes zum Ausgleichsanspruch des GA hatte die Versicherung jedoch auszugleichen. Bei Vertragsende am 1.7.2011 überwies die Versicherungsgesellschaft dem Kläger aufgrund des Aufbauversicherungsvertrags der Stufe 2 einen Betrag, den sie teilweise als einkommensteuerpflichtig behandelte. In Bezug auf die Aufbauversicherung der Stufe 3 sah die Versicherungsgesellschaft ebenfalls einen Teilbetrag des Gesamtbetrags als steuerpflichtig an.
Die Beträge teilte die Versicherung der Deutschen Rentenversicherung Bund (Zentrale Stelle für Altersvorsorge) als Leistungen nach § 22 Nr. 5 Satz2 EStG) mit. Sie begründete ihre Ansicht damit, dass weder die Erhöhungen der Beiträge noch der Versicherungssummen bei Vertragsschluss vereinbart gewesen seien und somit aus ihrer Sicht nicht als laufende Beitragszahlungen angesehen werden könnten. Deshalb seien die ausgezahlten Lebensversicherungssummen teilweise steuerpflichtig. Der Kläger war allerdings der Ansicht, die Leistungen der Direktversicherungen seien nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerbefreit.
Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Die Zahlungen aus den beiden Aufbauversicherungen sind nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei. Sie gehören nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, auch wenn sie mit dem Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 1 HGB verrechnet wurden.
Kapitallebensversicherungen, die nicht nur einmalige Beitragsleistungen verlangen und deren Vertragsdauer wenigstens zwölf Jahre beträgt, sollen dem Versorgungszweck dienen und sind daher steuerlich zu fördern. Auf einen bestimmten Beitragszahlungszeitraum stellt das Gesetz dabei nicht ab. Die Zahlungen müssen weder in regelmäßigen Zeitabständen getätigt werden noch betragsmäßig gleichmäßig sein. Allerdings dürfen die Zahlungen wirtschaftlich betrachtet nicht Beitragsleistungen gegen Einmalzahlungen gleichkommen.
Im vorliegenden Fall ist zwar der Wortlaut der Vereinbarung zur GA Versorgung hinsichtlich der Art der Zahlungen nicht eindeutig. Entscheidendes Gewicht kommt deshalb der tatsächlichen Art und Weise der Beitragsberechnung und Zahlung zu. Tatsächlich sind die Versicherungsbeiträge im Streitfall mehrfach und auch laufend geleistet worden. Im Zeitraum von 29 Jahren sind in die Aufbauversicherung der Stufe 2 insgesamt 22 Beiträge und im Zeitraum von 24 Jahren in die Aufbauversicherung der Stufe 3 insgesamt 17 Beiträge eingezahlt worden. Lediglich in sieben Jahren sind in beiden Versicherungen keine Beiträge entrichtet worden. Solche laufenden Beitragszahlungen sind einer Kapitallebensversicherung gegen Einmalbeitrag fremd. Denn bei der Vereinbarung einer Einmalprämie wird die Prämie für die gesamte Laufzeit der Lebensversicherung in einer Summe entrichtet.
Zudem sprachen auch die sonstigen Beitragsmodalitäten dafür, dass die Vertragsparteien hier nicht eine Vielzahl von Einmalzahlungen, sondern laufende Beiträge, in der Höhe variabel, vereinbart hatten. Dabei stand von Anfang an die Berechnungsweise der Beiträge fest. Es war nicht erkennbar, dass jede Neuberechnung zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags (Novation) führen sollte. Vielmehr erhielt der Kläger - wie auch ein Arbeitnehmer, für den einkommensabhängige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden - die Möglichkeit, seine Altersversorgung entsprechend seinem wirtschaftlichen Erfolg aufzubauen. Auch die erforderliche Mindestvertragsdauer von zwölf Jahren wurde eingehalten.
In Höhe dieser (steuerfreien) Ansprüche des Steuerpflichtigen aus den beiden Aufbauversicherungen der Stufen 2 und 3 lagen auch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG vor, obwohl der Kläger und die Versicherung in beiden Versicherungsverträgen eine Anrechnung in Höhe der Kapitalwerte der von der Versicherung finanzierten Versicherungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB vereinbart hatten (s. BFH v. 8.12.2016, Az.: III R 41/14 (BStBl II 2017, 630).
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