Wie wirkt sich eine Einkommensteuernachzahlung des Arbeitgebers für seinen Arbeitnehmer bei einer Nettolohnvereinbarung aus?
BFH 3.9.2015, VI R 1/14Die Kläger sind japanische Staatsangehörige. Sie wurden für das Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war aufgrund einer Entsendungsvereinbarung seit 2004 als Angestellter für seine Arbeitgeberin im Inland tätig. Diese hatte ihn nach Maßgabe einer Nettolohnvereinbarung entlohnt und die auf den Nettolohn entfallenden Steuern übernommen. Kam es im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Kläger zur Erstattung von Einkommensteuer, führte das Finanzamt die Erstattungsbeträge an die Arbeitgeberin ab. Kam es hingegen zur Nachzahlung von Einkommensteuer, zahlte die Arbeitgeberin die Nachzahlungsbeträge an die Behörde.
Der Kläger erklärte für das Streitjahr laut Lohnsteuerkarte einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 280.057 € und steuerpflichtigen Arbeitslohn, von dem kein Steuerabzug vorgenommen worden war, i.H.v. - 21.705 €. Der letztgenannte Betrag setzte sich aus Einkommensteuererstattungen für die Jahre 2005 bis 2007 i.H.v. 22.924 € und einer von der Arbeitgeberin an das Finanzamt im Streitjahr gezahlten Nachzahlung für 2004 i.H.v. 1.219 € zusammen.
Das Finanzamt rechnete die Einkommensteuernachzahlung für 2004 auf einen Bruttobetrag von 2.189 € hoch und setzte die Einkommensteuer der Kläger dementsprechend unter Berücksichtigung eines Bruttoarbeitslohns des Klägers von 259.321 € (280.057 € - 22.924 € + 2.189 €) fest. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht entschieden, dass es sich bei der von der Arbeitgeberin im Streitjahr 2008 geleisteten Nachzahlung zur Einkommensteuer der Kläger für 2004 nicht um steuerpflichtigen Nettoarbeitslohn handelte, der auf einen Bruttolohn hochzurechnen war.
Gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sämtliche Bezüge und Vorteile, die dem Arbeitnehmer für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Für die Qualifizierung eines Vorteils als Arbeitslohn ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob der Vorteil durch das individuelle Arbeitsverhältnis veranlasst ist, insbesondere ob ihm Entlohnungscharakter zukommt. Dieser Arbeitslohnbegriff ist auch im Fall einer Nettolohnvereinbarung zugrunde zu legen.
Leistet der Arbeitgeber bei einer Nettolohnvereinbarung für den Arbeitnehmer eine Einkommensteuernachzahlung für einen vorangegangenen Veranlagungszeitraum, wendet er dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu, der dem Arbeitnehmer als sonstiger Bezug im Zeitpunkt der Zahlung zufließt. Der in der Tilgung der persönlichen Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber liegende Vorteil unterliegt der Einkommensteuer. Er ist deshalb auf einen Bruttobetrag hochzurechnen.
Mit der Übernahme der persönlichen Einkommensteuerschuld i.H.v. 1.219 € hat die Arbeitgeberin dem Kläger Arbeitslohn zugewandt. Schließlich hatte sie, durch das Arbeitsverhältnis des Klägers veranlasst, eine private Schuld des Klägers beglichen. Dieser in der Tilgung einer privaten Schuld liegende Vorteil i.H.v. 1.219 € unterlag damit seinerseits der Einkommensteuer. Er war - entgegen der Auffassung des FG - auf einen Bruttobetrag hochzurechnen. Nichts anderes ergab sich daraus, dass es sich bei der privaten Schuld, die die Arbeitgeberin des Klägers getilgt hatte, um eine Einkommensteuerschuld handelte. Daran änderte sich auch dadurch nichts, dass durch die Nachzahlung im Streitjahr eine Einkommensteuererstattung für 2004, die im Jahr 2006 erfolgte, teilweise rückgängig gemacht wurde.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.